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Die Entwicklung der Wertformanalyse bei Marx
 

Die Wertformanalyse von Marx gehört mit zu den schwierigsten und umstrittensten Teilen des Kapitals. Sie war zudem vielfachen Änderungen unterworfen. Während Althusser der Auffassung war, die ersten vier Kapitel des Kapitals könnten getrost übersprungen werden, gehen andere davon aus, dass sie der wichtigste Teil seien. Allerdings, so z.B. Backhaus, sei die Wertformanalyse von Marx selbst einer Popularisierung unterworfen worden. Diese Popularisierung beinhalte aber viele theoretische Probleme.
Zunächst wird also von dem einfachen Faktum ausgegangen, dass es verschiedene Versionen der Wertformanalyse von Marx selbst gibt. Am augenscheinlichsten tritt dies im Unterschied der ersten und zweiten Auflage des Kapitals hervor. Zudem gibt es noch mehrere Entwürfe in verschiedenen Manuskripten (z.B. erster und zweiter Rohentwurf, der sog. Urtext etc.). Es sollen die verschiedenen Entwürfe gelesen und miteinander verglichen werden. Es geht um die Fragen, welche Schlüsse daraus gezogen werden können und welche Konsequenzen das für eine adäquate Gesellschaftskritik beinhaltet.

Erster Termin: In der ersten Vorlesungswoche am Donnerstag, 18h, im Institut für vergleichende Irrelevanz (ivi), Bibliothek, 1.Stock

Kontakt: Daniel (dakeil@stud.uni-frankfurt.de), Charly (ausserhalb@gmx.net)

 
 
         
 
„Erziehung nach Auschwitz“ – Zur Aktualität eines vernachlässigten Themas
 

„Die Gemeinheit des Vorgesetzten und die Schneidigkeit des Gemeinen verstehen sich. Von den Dienstboten und Gouvernanten, die Kinder aus guten Häusern dem Ernst des Lebens zuliebe schikanieren, über die Lehrer aus dem Westerwald, die ihnen wie den Gebrauch der Fremdwörter so die Lust an aller Sprache austreiben, über die Beamten und Angestellten, die sie Schlange stehen lassen, die Unteroffiziere, die sie treten, geht es schnurstracks zu den Folterknechten der Gestapo und den Bürokraten der Gaskammern.“
T.W. Adorno, Il servo padrone

 

Die Verhandlung von Auschwitz in der Öffentlichkeit ist dazu gekommen, als nicht viel mehr als ein vages Bild des Schreckens zu benennen, in dem Täter_innen und Opfer immer mehr verschwimmen. Die Frage, wie es dazu kommen konnte, wird allerhöchstens noch Totalitarismustheoretisch ideologisiert. Die Voraussetzungen von Auschwitz, das hier als Synonym für den industriellen Massenmord steht, werden nicht mehr verhandelt. Ausgehend von dieser Feststellung sollen die pädagogischen Interventionen von Adorno in Hinblick auf deren Aktualität gelesen und diskutiert werden. Zudem sollen neuere Auseinandersetzungen um die Adornoschen Texte – am Beispiel des Sammelbandes „Erziehung nach Auschwitz in der multikulturellen Gesellschaft – kritisch hinzugezogen werden.
Es soll damit ein Einstieg in das komplexe Denken Adornos ermöglicht werden, um die Fragen nach den Bedingungen von Emanzipation in der postnazistischen Gesellschaft zu erörtern.

Erstes Treffen: Donnerstag 3.4.08 16h
Ort: Institut für vergleichende Irrelevanz (IvI), Kettenhofweg 130, erster Stock

Kontakt: Daniel (solventdrag@gmx.de)

     
         
 
Psychoanalyse als Kritik
 

In zumindest zweierlei Hinsicht wird die Psychoanlayse als Mittel der Kritik verhandelt. Zunächst im Rahmen der Therapie versucht sie der Analysand in die verdrängten Triebkräfte des eigenen Handelns vor Augen zu führen, diese gewissermaßen zu kritisieren, in der Hoffnung, die Autonomie und Handlungsfähigkeit zu stabilisieren und auszubauen. Aber auch in einem erweiterten Rahmen als Gesellschaftskritik wird die Psychoanalyse eingesetzt: Die Reflexion über die (möglicherweise notwendige) Subjektzentriertheit gesellschaftlicher Ideologeme hat erhebliche Auswirkungen auf die Möglichkeit von Kritik und die Vorstellungen empanzipatorischer Strategeien. Foucaults Einschätzung nach besteht die Stärke der Psychoanalyse gerade darin, "das, was sie als Logik des Unterbewußten ausgemacht hat, auf alle anderen Gegenstände ausgedehnt zu haben". Aber möglicherweise ist diese vermeintlich omnipotente Stärke auch eine verschobene Schwäche.
Beide Dimensionen psychoanalytischer Kritik sollen in diesem Autonomen Tutorium jedenfalls rekonstruiert und diskutiert werden. Es geht zunächst um die Fragen, was die psychoanalystische Kritik auszeichnet, was der Psychoanalyse also ihr kritisches Potential verleiht. Darüber hinaus soll sie selbst von der Kritik aber nicht ausgenommen bleiben. Hierzu können beispielsweise psychoanalyse-kritische Texte aus dem dekonstruktivistischen und poststrukturalistischen Milieu gelesen werden

Das erste Treffen des Tutoriums findet am Donnerstag, 3.04.08, 16 Uhr im Fachschaftsraum (AfE-Turm, Raum 2104) statt. Falls Wochentag oder Uhrzeit sich als unpassend erweisen, weil viele Interessierte an diesem Termin keine Zeit haben, können die nachfolgenden Termine auf alternative Wochentage bzw. Uhrzeiten gelegt werden. Um unabhängig des ersten Treffens Einfluss auf die folgende Terminplanung zu nehmen oder weiteres über die Ausgestaltung des Tutoriums zu erfahren, einfach ein Email an mich (oliver.schupp@yahoo.de) senden.

     
         
  vorbei …      
         
 
lenin und die revolution
 

„Die Wahrheit ist immer konkret“
(Lenin 1905; Trotzki 1934; Hartz u.a. 2002)

Lenin war einer der wenigen marxistischen Denker, dem das Vergnügen zu Teil wurde, seine revolutionäre Theorie praktisch werden zu lassen. Das Ergebnis, die Sowjetunion, kann als eines der großen sozialistischen Projekte des 20. Jahrhunderts gelten.

In diesem Lektürekurs interessieren uns aber weniger die Gründe für das Scheitern (nicht erst nach Lenin) oder die Folgen, die daraus für politische Theorie und Praxis gezogen werden können und sollten. Uns interessiert der Moment, in dem die Theorie unmittelbar mit der Praxis konfrontiert ist, in dem das Allgemeine dem Konkreten geopfert werden muss, weil sich Widersprüche eben nicht widerspruchsfrei aufheben lassen. Und wir denken, an diesem Punkt bei Lenin plündern zu können, da seine Texte – mehr als die vieler anderer – die Unmittelbarkeit enthalten, die letztlich jede politische Praxis prägt.
Da wir hier nach etwa 30jähriger Abstinenz von diesem Teufelszeug quasi Neuland betreten, gestaltet sich die Textauswahl nicht gerade einfach: wegen des provokanten Titels und des Entstehungsdatums (1920) liebäugeln wir mit „Der ‚linke Radikalismus’, die Kinderkrankheit im Kommunismus“. Für Vorschläge sind wir offen.                         

erste sitzung: freitag, 09.11.07, 14h

     
         
 
karl marx, das kapital. kritik der politischen ökonomie, erster band
 

„Man halte uns hier nicht entgegen, dass wir ja in einem ganz anderen Jahrhundert lebten, dass inzwischen viel Wasser unsere Flüsse hinabgeflossen sei, dass wir ganz andere Probleme hätten. Wir sprechen hier von einem lebendigen Wasser, das noch gar nicht geflossen ist. Schließlich kennen wir genug geschichtliche Beispiele (…) dafür, dass die Menschen wie besessen darauf hinarbeiteten, die Quellen, an denen sie ihren Durst hätten stillen können, einzumauern und zuzuschütten, weil sie sie in ihrer Angst nicht ertragen konnten. Seit einem Jahrhundert hat die Universitätsphilosophie Marx mit dem Sand des Schweigens bedeckt, welcher den Toten zukommt.“ (Louis Althusser 1968)

Das Wasser, von dem Althusser hier schreibt, ist noch immer lebendig, und die Menschen arbeiten noch immer besessen daran, seinen Fluss zu verhindern. Immerhin aber wurde seitdem „Marx“ – wenigstens an einigen Universitäten und für einen kurzen Abschnitt – zur Stimme verholfen.

In den gegenwärtigen Restrukturierungsprozessen der Hochschule ist für solchen Firlefanz allerdings kein Platz mehr: der kümmerliche Raum, der nach der Durchmodularisierung der Studiengänge für kritische Theorie noch bleiben mag, wird spätestens mit der Einführung von Studiengebühren in Effizienzkriterien gezwungen, die ihrem Geist unerträglich sind. Und als wären diese mehr oder weniger landespolitischen Maßnahmen nicht schon unvernünftig genug, stimmt die Unileitung noch irre ein: mit politischen Interventionen in Berufungskommisionen wird das Personal zurecht gestutzt, das diesen Betrieb dann exekutieren darf, und mit dem Umzug auf den IG-Farben-Campus wird selbst die materiale Gestalt der Universität in die Form von Herrschaft gegossen. Da kannst Du getrost sagen: Manchmal ist Geschichte eben gründlich. Genauso gut aber: Die Universität ist ein Narrenschiff, und Steinberg der Kapitän. Und diesem Narrentreiben werden wir nicht untätig zusehen.

Was wir dem sirenengleich entgegenzusetzen haben, ist zunächst einmal purer Luxus – wer kann es sich unter heutigen Bedingungen noch leisten, einen im Sinne moderner Wissensproduktion vollkommen irrelevanten, knapp 1000seitigen Wälzer zu Gemüte zu führen? Ohne Schein? Und warum nicht einfach gleich der Bourgeoisie an den Kopf werfen, wo sich Herrschaft doch so unvermittelt äußert? Andererseits handelt es sich um ein auch theoretisch schweres Kaliber, dessen Lektüre in nur einem Semester nicht vielmehr sein kann, als ein kurzer Streifzug – geht da nicht der kritische Gehalt komplett verloren? Entspricht diese oberflächliche Behandlung des Gegenstands nicht gerade jener Entwicklung, die wir oben so scharf kritisieren?

Eindeutig falsch wären eindeutige Antworten. Oder wenn es dabei stehen bliebe. Was das Seminar aber bringen kann, ist ein Überblick über ein wichtiges Werk der modernen Gesellschaftswissenschaften, der Anhaltspunkte bietet für weitere Exkursionen.

„Das ist scheußlich ermüdend und bei nicht ganz scharfer Aufmerksamkeit auch verwirrend.“ (Engels über Teile des ersten Bandes, Brief an Marx, 23.8.1867)

erste sitzung: donnerstag 01.11.07, 16h