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"Die Schlacht um Algier" 
Vom Tabufilm zum Lehrfilm des Antiterrorkriegs
Der Algerienkrieg in den 50er Jahren gehört zweifellos zu den blutigsten in der Phase der Dekolonialisierung.
Dennoch nimmt dieser Krieg, der vor der "Haustür Europas" stattfand und in dem über eine Millionen Menschen zu Tode
kamen, im kollektiven Gedächtnis einen weitaus geringeren Stellenwert ein als etwa der Vietnamkrieg. Dabei stellt
er den Prototypus für den Counter-Insurgency-Warfare dar:
Informationsgewinnung durch systematische Folterungen,
Zwangsumsiedlung von Teilen der indigenen Bevölkerung in Internierungslager, die Errichtung von sogenannten
Todeszonen und militärisch gesicherten Wallanlagen sowie der Absperrung und Kontrolle ganzer Stadtteile. Mit
diesen repressiven Methoden versuchte die französische Militärführung die Verbindungen zwischen
Aufständischen und der muslimischen Bevölkerung zu zerstören und die politische Basis des Aufstands
zu vernichten. In der Spirale von Unterdrückung und Gewalt militarisierte sich auch der Widerstand
der algerischen Nationalisten. Einschüchterungen, Verstümmelung und Ermordungen von sog. Verrätern
waren an der Tagesordnung.
Der Film "Die Schlacht um Algier" (1966) des italienischen Regisseurs Gillo Pontecorvo schildert die erste Phase
des algerischen Befreiungskampfes. Nur drei Jahre nach der Ausrufung der Unabhängigkeit mit Unterstützung des
algerischen Staates entstanden, verstand ihn Pontecorvo als aktuelle politische Intervention, die den Zuschauern
realistisch vor Augen führen sollte, was sich in vielen Ländern der sogenannten Dritten Welt ereignete.
Pontecorvo führt keinen ausgreifenden Diskurs über den Kolonialismus, auch nicht über den französischen in
Algerien, wie es Frantz Fanon in seinem Buch "Die Verdammten dieser Erde" (1961) tat. Dennoch sind Fanons Texte
die Folie für das Drehbuch. Der Film, der ständig die Schauplätze und die feindlichen Akteure parallel
montiert und sie so aneinander bindet, operiert keineswegs im klassischen Gut-und-Böse-Schema. Die Gewalt
beider Seiten wird schlicht als Funktion in einem notwendigen Kampf dargestellt. Die Front de Libération
Nationale (FLN) und das französische Militär begründen jeweils ihr hartes terroristisches Handeln damit,
dass sie so vorgehen müssen, um zu siegen. Dennoch nimmt der Film Partei für die Kolonisierten.
Nach Jahrzehnten des Verbots in Frankreich, erlangt "Die Schlacht um Algier" in der Post-9/11-World
eine ungeahnte Bedeutungsverschiebung. Pentagon und israelischem Militär dient er nun als Lehrfilm für eine effiziente
Terrorismusbekämpfung im städtischen Raum. Wir zeigen den Film, um ihn einer linken Diskussion sowohl
vor dem historischen Hintergrund der Dekolonisierung als auch seinen aktuellen Bezügen zwischen
Postkolonialimus, globalem Kriegszustand und der Leerstelle emanzipatorischer Perspektiven zuzuführen.
Donnerstag, 19. Oktober 2006, 20 Uhr
Atelier Frankfurt,
Hohenstaufenstrasse 13-27
> link >> Bernhard Schmid: Kino oder Wirklichkeit? Vom Algerienkrieg zum besetzten Irak
> link >> arte-Webdoku zum Film
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