Übergriff bei Palästina-Soli-Veranstaltung


Am Abend des 15. März fand in Frankfurt eine Veranstaltung der Gruppe »Linksruck« statt, bei der es zu einer Schlägerei kam.

Der Linksruck hatte für diesen Abend zu einer Veranstaltung gegen Israel geladen. Der Titel war immerhin nicht allzu plakativ, was vielleicht auch einer der Gründe für den relativ schwachen Besuch war. »Israel und der palästinensische Widerstand: Gibt es eine Lösung?« So stand es auf unzähligen Plakaten (nicht nur) rund um den Frankfurter Uni-Campus. Auf dem Podium saßen ein Vertreter der Frankfurter PDS, ein Sprecher der Palästinensischen Gemeinde Frankfurt, der Vorsitzende der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft und ein führendes Mitglied des Linksruck.

Da uns, VertreterInnen diverser Gruppen aus dem Rhein-Main-Gebiet, die zutiefst antiisraelische und antisemitische Grundhaltung des Linksruck bekannt ist, die immer mit einer geradezu lächerlichen Verherrlichung der »Völker« einhergeht (auch das deutsche »Volk« bestehe vor allem aus »Millionen von Widerstandskämpfern« heißt es in einem LiRu-Text über den Nationalsozialismus), hatten wir beschlossen, die Veranstaltung zwar nicht zu sprengen, aber immerhin unsere Kritik deutlich zu machen. Deshalb hatten wir uns an der Treppe zum Versammlungsort platziert und verteilten dort unsere Flugblätter mit Texten von sinistra: »Antizionismus und Antisemitismus« und Jean Améry: »Der ehrbare Antisemitismus«.
UnterzeichnerInnen des Flugblatts waren: sinistra! radikale linke, Feministisch-Autonome Unifrauen, Les Croquembouches, Antideutsche Gruppe Mainz/Wiesbaden, Antifa-Referat des AStA der Uni Frankfurt, AK Kritische Theorie FH Frankfurt und die Anti-Antisemitismusgruppe R/M

Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich die VertreterInnen des Linksruck friedlich verhalten, wollten wohl ihren Pluralismus demonstrieren, boten uns sogar an, im Saal mitzudiskutieren. Wir hatten dazu aber keine Lust. Nachdem nun die Veranstaltung begonnen hatte und die Tür zum Saal geschlossen worden war, hörten wir schon nach sehr kurzer Zeit von drinnen Geschrei und Getrampel. Es hatten nämlich einige von uns drinnen ein Transparent mit dem Slogan »Solidarität mit Israel!« aufgerollt. Die Veranstaltungsleiterin versuchte noch, so etwas wie eine Kanalisierung des Protests, indem sie uns aufforderte, an der Debatte teilzunehmen. Abgesehen davon, dass das nicht in unserer Absicht lag, hätte dazu auch keine Möglichkeit bestanden, denn schnell stürzten sich aus einer tobenden Menge von zwanzig bis dreißig Personen heraus zwei (mutmaßliche) Mitglieder der Pali-Gemeinde gemeinsam mit einem Linksruckler (den wir kennen und genau gesehen haben, hinterher wollten die Linksruckis es nicht gewesen sein!) auf die drei Personen mit dem Transparent, entrissen es ihnen und schlugen mit unvermittelter und durch nichts als dieses Transparent provozierter Gewalt auf sie ein. Dabei ging ein Genosse zu Boden, nachdem er zwei kräftige Schläge ins Gesicht abbekommen hatte und wurde – am Boden liegend – von dem oben schon erwähnten Mann mehrfach getreten, eine unserer Genossinnen wurde ebenfalls geschlagen. Zum Glück wurden die Schläger von ihren Freunden einigermaßen gebändigt, weshalb die angegriffenen nach einigem Geschrei den Saal verlassen konnten. Unser Genosse hat nun ein blaues Auge, Schmerzen im Kiefergelenk und blutende Schürf- und Kratzwunden auf der Brust unterhalb des Halses davongetragen. Trotz mehrfacher Aufforderung, die Veranstaltung wegen der Gewalttätigkeiten aufzulösen oder zumindest die Schlägertypen rauszuschmeißen, wurde die Veranstaltung völlig normal abgewickelt und der Vorfall im Saal nicht weiter thematisiert.

Dies bedeutet für uns eine offenkundige Solidarisierung der kadermäßig strukturierten Politsekte Linksruck mit den Schlägern und wir gehen davon aus, dass mittlerweile bereits die Bekundung einer Solidarität mit Israel für diese Leute ausreichend ist, Gewalt anzuwenden. Natürlich wurden wir als »Nazis«, »Faschisten« und »Zionistenschweine« beschimpft, während sich drinnen die Soli-Gemeinde mit den antisemitischen Schlägern (zumindest stillschweigend) solidarisierte. Womöglich ist es auch Ausdruck eines letztlich rassistischen Multikulti-Konsenses, dass man Vertretern eines »unterdrückten Volkes« kleine Gewaltausbrüche einfach durchgehen lässt oder sie schlicht für berechtigt hält. Das ist aber natürlich nur Spekulation, schließlich hatten wir keine Lust mehr auf eine Debatte mit derartigen Leuten.

Wie wir nachher noch von einer Person erfahren durften, die das zweifelhafte Vergnügen hatte, dem Fortgang der Veranstaltung im Inneren des Saales weiter beiwohnen zu dürfen, kam es erwartungsgemäß zu heftigen antisemitischen Ausfällen: Der Linksruck-Vordenker Volkhard Mosler sprach auf dem Podium, den unsäglichen Topos von »Auschwitz als Besserungsanstalt« bemühend, davon, dass die »Lehre« [!] aus dem Holocaust die Bekämpfung des Rassismus [!] sein müsse und dass, wenn einstige Opfer nun selbst Faschisten geworden seien, diese »Lehre« doch auch und gerade für Israel gelten müsse. Als im Fortgang der »Diskussion« ein dezidiert propalästinensischer Zuhörer zu bemerken wagte, er habe zwar Verständnis für die Aktionen militanter Palästinenser im Westjordanland, könne aber Splitterbombenanschläge gegen israelische Zivilisten nicht gutheißen, kam es zu tumultartigen Szenen und der Diskutant wurde niedergebrüllt. Dass in einer derartigen Stimmung dann auch mit der völkisch-rassistischen These »Araber sind doch schließlich auch Semiten« der Antisemitismusvorwurf gegen Israel zu wenden versucht wurde, vermag da kaum noch zu verwundern. Den »Höhepunkt« der Veranstaltung bildete dann aber die von einigen ans Mikrofon getretenen Besuchern expressis verbis vorgetragene Leugnung von Auschwitz: »Der Holocaust wurde 1948 von den Amerikanern erfunden«, hieß es. Auch das für Linksruck selbstverständlich kein Grund, die ekelhafte Veranstaltung aufzulösen.

Les Croquembouches & Gruppe Morgenthau

SOLIDARITÄT MIT ISRAEL!