Studiengebühren - jetzt wird's ernst
50 bis 650 Euro pro Semester und StudentIn - ab
2003 Gebühren in NRW
Stück für Stück bereiteten SPD
und Grüne den Studiengebühren-Coup vor. Im Winter 1997/1998
verbündeten sich die beiden im Wahlkampf befindlichen Parteien
noch mit den streikenden StudentInnen. Sie übernahmen die studentische
Forderung nach einem bundesweiten Verbot jeglicher Studiengebühren
in ihre Wahlprogramme und nach der gewonnenen Bundestagswahl auch
in den rot-grünen Koalitionsvertrag. Am 25. April 2002 schrieb
dann jedoch der Bundestag mit den Stimmen von SPD und Grünen
die Möglichkeit der Einführung von Studiengebühren
im Hochschulrahmengesetz (HRG) fest - und schon am 10. Mai 2002
bestätigte die Landesregierung NRW das bereits seit einigen
Tagen durchgesickerte Gerücht: Ab dem Sommersemester 2003 sollen
auch in NRW StudentInnen zur Kasse gebeten werden. Alle zahlen ab
Studienbeginn 50 Euro Einschreibe- und Rückmeldegebühren
pro Semester, so genannte LangzeitstudentInnen (wahrscheinlich ab
dem vierten Semester nach der Regelstudienzeit) und KommilitonInnen
im Zweitstudium (die genaue Definition ist noch unklar) 500 Euro
im Semester. Die Gebühren für das SeniorInnenstudium werden
von 75 auf 650 Euro erhöht. Außerdem garantiert niemand,
dass es bei den 50 Euro bleibt: Das nächste Haushaltsloch kommt
bestimmt, und ist die Gebührenschraube einmal installiert,
lässt sich beliebig daran drehen.
Mit den erwarteten Einnahmen von 90 Millionen
Euro soll ein Teil des 1,4 Milliarden Euro großen NRW-Haushaltslochs
gestopft werden. Da das nicht reicht, sollen auch die StudentInnenwerke
bluten. Abgesehen davon, dass ihnen durch die zu erwartenden studiengebührenbedingten
Exmatrikulationen erhebliche Einnahmeausfälle bevorstehen,
sollen durch Lockerung des Tarifrechts, Stellenabbau und Streichung
von Zuschüssen z.B. für StudentInnenwohnheime weitere
Millionenbeträge eingespart werden. Die Verteuerung des Studiums
durch Studiengebühren soll also noch ergänzt werden durch
schlechteren Service des StudentInnenwerks und/oder höhere
Sozialbeiträge sowie steigende Wohnheim- und Mensapreise. Gleichzeitig
geht der im Rahmen des "Qualitätspakts" betriebene
Abbau von 2000 Stellen an den Hochschulen in NRW weiter.
"Studiengebühren könnte ich mir
nicht leisten!"
Menschen, die wegen eines Nebenjobs, weil sie sich
in den Uni-Gremien engagieren, weil sie Kinder erziehen oder wegen
schlechter Studienbedingungen die Regelstudienzeit überschreiten,
werden per Strafgebühr aus den Unis verdrängt. Überdies
sind besonders StudentInnen aus sozial schwachen Familien betroffen.
Ohnehin an den Hochschulen bei weitem unterrepräsentiert, wie
die PISA-Studie erst vor kurzem belegt hat, gibt es hier kein Elternhaus,
das bei auftretenden Problemen schnell mal mit dem Scheck einspringen
kann. Selbst Guido Westerwelle äußerte jüngst auf
dem FDP-Parteitag, er hätte sich als ehemaliger Realschüler
ein Hochschulstudium kaum leisten können, wenn dieses gebührenpflichtig
gewesen wäre.
Erfahrungen mit den so genannten Langzeitgebühren
bestehen seit einigen Jahren in Baden-Württemberg, und die
Folge dort lautet schlicht: Studienabbruch statt Studienabschluss.
Auch im CDU-regierten Hessen werden Pläne zur Einführung
von Studiengebühren diskutiert. Uni-Präsident Steinberg
übrigens äußerte in der FAZ vom 26.5.2002 eine generelle
Zustimmung zu Studiengebühren. Diese sollen zwischen 500 und
750 € pro Semester betragen!
Frankfurt und Hessen liegen in NRW
Vielleicht fragt sich manch eine, wieso im hessischen
Frankfurt die Landespolitik von Nordrhein-Westfalen brennend interessieren
sollte. Hierfür gibt es zwei gute Gründe: In NRW studieren
ein Drittel aller Studierenden Deutschlands. Viele Leute, die über
die Zentralvergabestelle ihren Studienplatz beantragen, werden nach
NRW geschickt - und könnten ihren Platz nicht antreten.
NRW ist ein seit langem rot-grün regiertes Bundesland
und traditionell für eine eher fortschrittliche Bildungspolitik
bekannt. Werden dort als erstes Studiengebühren eingeführt,
werden die anderen Bundesländer schnell nachziehen. In NRW
wird sozusagen für uns alle mitgekämpft - unterstützen
wir die Proteste in NRW!
Unlike fordert:
* ein generelles Studiengebührenverbot im Hochschulgesetz
NRW, Hessen und allen anderen Bundesländern zu verabschieden!
Dieses Verbot muss auch auf Verwaltungs-, Einschreibe-, Prüfungs-,
Zweitstudiums-, Promotions-, Langzeit-, SeniorInnenstudiums- und
sonstige Studiengebühren gelten!
* Keine Streichungen bei den Zuschüssen für die Studentenwerke!
* Hochschulen zukünftig ausreichend personell und materiell
auszustatten und für gesicherte Arbeitsverhältnisse insbesondere
für TutorInnen und Hilfskräfte zu sorgen!
3 Argumente gegen Studiengebühren
1. Studiengebühren befördern die Privatisierung
sozialer Risiken. Bildung wird nicht mehr als ein öffentliches
Gut gesehen, dessen Nutzung als allgemeines Recht gilt, sondern
als zu erwerbende und zu bezahlende Dienstleistung, mit der jedeR
einzelne in sein/ihr Humankapital" investiert.
2. Die sozialen Wirkungen und Steuerungseffekte von
Studiengebühren fördern ein entsolidarisierendes persönliches
Bildungsverhalten und verstärken die gesellschaftliche Verantwortungslosigkeit
des Wissenschaftssystems. Sogenannte "bildungsferne" Schichten
werden durch die Kosten noch stärker von weiterführender
Bildung abgeschreckt.
3. "Sozialverträgliche" Studiengebühren
kann es nicht geben! Das ist ein Widerspruch in sich. Jede Verkoppelung
von Bildungschancen mit der ungleichen privaten Einkommens- und
Vermögensverteilung in der Gesellschaft reproduziert die entsprechende
Ungleichheit in der Bildung. Dieser Ausgangslage kann auch kein
noch so ausgefeiltes Darlehenssystem entgegenwirken, wie die Entwicklung
des BAföG anschaulich zeigt. Studiengebühren verschärfen
daher die soziale Selektionswirkung des Bildungssystems - und verschleiern
zugleich die politische Verantwortung dafür.
Studiengebühren - we strike back!
Folgende Unis befinden sich im Streik (Stand: 7. Juni): Uni Bochum,
Uni Düsseldorf, Uni Köln, Sporthochschule Köln, Uni
Duisburg, Uni Essen, FH Düsseldorf (FS WiWi und SoWi), Uni
Trier, Uni Siegen (Warnstreik), Uni Wuppertal, RWTH Aachen, Uni
Münster, Uni Paderborn
Wie können wir in Frankfurt aktiv werden? Wie
können wir die Proteste in NRW unterstützen? Was ist zu
tun? Sollen wir in Warnstreik gehen?
Kommt zur Vollversammlung aller Studierenden der
Uni Frankfurt!
Dienstag dem 11.6.2002 um 14 Uhr auf der Wiese zwischen IG-Farben-Haus
und Casino!
Für ein UNO- bzw. weltweites Verbot von Studiengebühren!
...und damit in Hessen anfangen.
Studiengebühren sind asozial!
In NRW und überall!
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