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Konto überzogen?
Warum das Studienkontenmodell nicht hinnehmbar ist
Die rot-grüne Regierung ist mit dem Versprechen angetreten, Studiengebühren
zu verhindern. Pläne, Studiengebühren dennoch einzuführen
konnten durch Protest von Studierenden nicht einfach umgesetzt werden.
Vergangenen Monat hat das Bundeskabinett die Grundlage zur Einführung
von Studiengebühren durch die Hintertür geschaffen:
Studienkonten dienen nach Darstellung ihrer BefürworterInnen zur
Verhinderung von Studiengebühren. Das Gegenteil ist der Fall: Studienkonten
sind Studiengebühren. Studienkonten liegt die Auffassung zu Grunde,
dass Bildung grundsätzlich nicht gebührenfrei ist. Gnädigerweise
aber soll den Studierenden zu Beginn des Studiums ein gewisses Kontingent
an gebührenfreien Lehrveranstaltungen zur Verfügung gestellt
werden. Im Gespräch sind hier Regelstudienzeit plus 20%. Dieses Studienvolumen
liegt in vielen Fachbereichen unterhalb der durchschnittlichen Studienzeit.
Das Guthaben kann über einen der doppelten Regelstudienzeit entsprechenden
Zeitraum verteilt aufgebraucht werden. Doch nur wer innerhalb der Regelstudienzeit
fertig wird, darf sein Restguthaben behalten und später für
ein Zweitstudium oder eine Weiterbildungsmaßnahme einsetzen. Wer
sein Guthabenkonto "überziehen" muss oder die doppelte
Regelstudienzeit überschritten hat, wird mit voraussichtlich über
500 Euro pro Semester zur Kasse gebeten.
Fragwürdige "Freiheiten"
Mit einem mehr an individueller Freiheit, wie etwa die nordrhein-westfälische
Kultusministerin Gabi Behler (SPD) es behauptet, hat das Modell nichts
zu tun. Im Zuge der wachsenden Bedeutung von Weiterbildung und lebenslangem
Lernen sind gerade Studierende aus einkommensschwachen Familien darauf
angewiesen, Restguthaben zu erwirtschaften und somit in der Regelstudienzeit
ihr Studium abzuschließen. Somit verstärkt das Studienkontenmodell
soziale Ungleichheiten. Komplett ausgeblendet werden ferner die Studienbedingungen.
Überfüllte Seminare und knappe Laborplätze tragen zur Verlängerung
von Studienzeiten bei. Solche strukturellen Missstände, die von den
Studierenden nicht zu verantworten sind, werden durch das Kontenmodell
individualisiert und auf die Studierenden abgewälzt.
Auf der Schmalspur zur Fachidiotie.
Das Studienkonto schadet der Idee eines breit angelegten Studiums. Wer
mit einem begrenzten Guthaben an Lehrveranstaltungen haushalten muss,
kann es sich schlichtweg nicht mehr leisten, andere als die prüfungsrelevanten
Veranstaltungen zu besuchen oder vor der Entscheidung für ein Schwerpunktthema
in verschiedene Teilgebiete seines Faches hineinzuschnuppern. Die Studierenden
werden zu angepassten FachidiotInnen erzogen, der Blick über den
Tellerrand des eigenen Spezialgebietes hinaus verstellt. Durch die Einschränkung
der eigenen Entscheidungsspielräume tritt an Stelle einer kritischen
Aneignung von Wissenschaft die rationierte Zuteilung eines begrenzten,
scheinbar neutralen Lernstoffes. Die Entpolitisierung des Wissenschaftsbetriebes
wird damit weiter vorangetrieben. Dies etabliert einen Wissenschaftsbegriff,
der die kurzfristige ökonomische Verwertbarkeit als einzigen Erfolgsmaßstab
von Forschung und Lehre betrachtet und nicht zur langfristigen Lösung
gesellschaftlicher Probleme beitragen kann.
Rot-grün führt Studiengebühren ein
Die rot-grüne Bundesregierung, angetreten mit dem vollmundigen Versprechen,
ein generelles Studiengebührenverbot durchzusetzen, hat sich längst
von ihren einstigen Forderungen verabschiedet. In der Diskussion ist derzeit
eine Änderung des Hochschulrahmengesetzes, die - medial als Garantie
der Gebührenfreiheit inszeniert - die Möglichkeit zur Erhebung
von Studiengebühren, etwa in Form von Studienkonten, auf Bundesebene
absichern wird. Mit einer solchen Mogelpackung sollten sich die Studierenden
nicht verarschen lassen. Rot-Grün führt Studiengebühren
ein - Ihr könnt die Konsequenzen ziehen.
Sand im Getriebe
Die Unhabhängige Linke unlike lehnt Studiengebühren ab und wird
sich im AStA und außerhalb dafür einsetzen, dass die Gebührenfreiheit
des Studiums über das Hochschulrahmengesetz bundesweit abgesichert
wird. Im Gegensatz zu manchen Partei-(nahen) Organisationen meinen wir
damit nicht die Einführung von Gebühren durch die Hintertür,
sondern ein generelles Studiengebührenverbot ohne Wenn und Aber.
Insbesondere beinhaltet dies die Rücknahme sämtlicher bereits
bestehender Gebührenregelungen.
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