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Farce Academy for Applied Applications: So weit, so gut, so langweilig, könnte man einwenden. Wären da nicht die Autoren, die Themen und die Art, wie sie aufgegriffen werden, die das Konzept des Wissen-Ratgebers fast schon ad absurdum führen. Viele ehemalige Beute-Redakteure und Autoren wie Jost Müller und Thomas Seibert finden sich hier, aber auch andere wie Boris Gröndahl, maßgeblich aus dem Feld der postautonomen Gegenöffentlichkeit der 90er Jahre. Zweiter Gedanke: Flaschenpost, überwintern in einer Rotbuch-Reihe, Wissen archivieren, auf bessere Zeiten warten, Theorie und oder Politiktraditionen vor dem Vergessen retten. Oberlehrerhaft? Manchmal, nicht immer. Beeindruckende Kompetenz, auf jeden Fall. So wie Müller Geschichte und Theorieentwicklung des Sozialismus auf 96 Seiten bannt oder Seibert den Existenzialismus-Bogen von den Junghegelianern über Heidegger, Satre, Camus, den Situationisten bis hin zu Derrida spannt und das ebenso auf 96 Seiten ist das schon eine intellektuelle Meisterleistung. Gröndahl liefert mit seinem Text eine der wenigen unaufgeregten Darstellungen der Geschichte der Hacker. Sich durch den Berg an Mythen, Klatsch und Tratsch zu kämpfen und dabei eine auch ohne Übertreibungen interessante Geschichte vom Tech Model Railroad Club über die Anti-Vietnam Aktivitäten der Telefon-Hacker bis zum Chaos Computer Club zu erzählen ist diesem Buch hoch anzurechnen. Doch wofür das ganze? Intellektuelle Fingerübung sicher auch, Überprüfung eines verblassenden Wissenskanons der Neuen Linken. Interessant wird es, untersucht man die Bücher auf ihre Interpretationsleistungen, ihre Verknüpfungen und Kontextsetzungen. Diese sind bewußt gewählt und hier hört dann auch der bloße "Was ist Was"-Charakter einer Wissensreihe für die Kinder des Sommers der Liebe auf. Den Autoren ist zu Gute zu halten, dass Sie jeweils aktuelle Debatten – Globalisierung, Marx‘ postmoderne Gespenster oder den Mythos Informationsgesellschaft - aufnehmen und sich eben nicht auf das glorreiche Gestern konzentrieren. Sie setzen da an, wo sie selbst stehen, in dem Berg aus Fragen und Kritiken, die die autonome, undogmatische und eben nicht mehr ganz so neue Linke wie wir sie kannten, hinterlassen hat. Sich den heutigen Fragestellungen vor dem Hintergrund der Feststellung der Notwendigkeit von der Veränderung des Lebens und der Welt zu widmen, wie es beispielsweise Seibert macht, ist dabei nicht das verkehrteste. Thomas Seibert:
Existenzialismus, Jost Müller: Sozialismus, Boris Gröndahl: Hacker, Reihe
Rotbuch 3000, Rotbuch Verlag, Hamburg 2000, je 96 Seiten, je 14,90 Mark |