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Viel Neues im Osten

Informelle Ökonomie in Osteuropa


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Dieser Artikel greift die Thematik des Interviews Aschenputtel bringt sich auf den Markt aus der letzten Nummer der farce und des in dieser Ausgabe vorliegenden Interviews mit polnischen Arbeitsmigranten auf. Die alltagskulturelle Realität von osteuropäischen MigrantInnen, von der hier wie dort die Rede ist, ist ohne die Kenntnis der polit-ökonomischen und ideologischen Umstrukturierungsprozesse in Osteuropa nicht zu verstehen. Im folgenden soll daher der Versuch unternommen werden, zu einer Einschätzung dieser Transformationsprozesse zu gelangen, Einblicke in die sich neu etablierende Normalität zu entwickeln, die den Hintergrund der verschiedenen Formen der Migration ausmacht. Von einiger Bedeutung ist dabei auch die geplante EU-Osterweiterung, deren politisches Projekt kurz umrissen wird.


Informelle Ökonomie

Seit dem Niedergang der staatssozialistischen Länder hat sich aus der ohnehin bestehenden Schattenwirtschaft eine beträchtliche informelle Ökonomie entwickelt. Die Staatsapparate haben weitgehend ihre Kontroll- und Verteilungsfunktionen eingebüßt, was entsprechende Freiräume für eigenorganisierte Reproduktion nötig machte und ermöglichte. Die Ausdehnung der informellen Ökonomie ist sowohl national als auch regional sehr unterschiedlich. Dennoch eignet sich der Begriff der informellen Ökonomie meines Erachtens, um zum einen die soziale Situation in den einzelnen Ländern, die immer mehr als ihre staatliche Regulierung umfasst und andererseits den Stand der westlichen Reformbemühungen zu charakterisieren, die das Fehlen eines funktionierenden Verwaltungs- und Regierungsapparates als erhebliches Defizit im Transformationsprozeß zu demokratisch-kapitalistischen Gesellschaften wertet. Während Ungarn, Polen oder Tschechien halbwegs funktionierende Staatsapparate aufweisen können, was sie ja auch in den engeren Kreis der EU-Aufnahmekandidaten rückte, ist in Rußland oder der Ukraine ein Erlaß des Präsidenten zu Steuerfragen kaum ein Achselzucken wert.

In der Ukraine beispielsweise stammen mindestens die Hälfte der Einkommen aus informellen Quellen.1 Die Reste der staatssozialistischen Gesellschaft wiegen dabei noch schwer für das alltägliche Leben. Die Anbindung an Kombinate bietet Zugriff auf betriebseigene Wohnungen, Transportmittel, Kindergärten, sogar ein Tauschhandel von betriebseigenen Produkten gegen Lebensmittel und Konsumgüter findet statt. So kommt es, daß viele Kurzarbeit oder unbezahlten Zwangsurlaub, dem Arbeitslosengeld, das nur 20% des Lohnes beträgt, vorziehen. Die offizielle Arbeitslosigkeit, die 1995 noch unter 5% lag, wird inoffziell auf 35-40% geschätzt. In weniger protektionierten Sektoren als den traditionell starken Stahl- oder Kohlekombinaten ist die Privatisierung längst schmerzhafter spürbar. Krankenschwestern, ÄrztInnen, BusfahrerInnen oder LehrerInnen müssen Zweit- und Drittbeschäftigungen nachgehen, um sich durchzubringen. Die über Monate dauernden Streiks der Bergleute sind hier wie in Rußland nur wegen des regen Tauschhandels mit anderen Branchen möglich.

Am deutlichsten zeigt sich die Bedeutung solcher informellen Strukturen gegenwärtig in der internationalen Thematisierung der Rußlandkrise. Der IWF macht die Auszahlung seiner Kredittranchen von der Umsetzung entsprechender Maßnahmen abhängig.

Nach Schätzungen der russischen Steuerbehörde können nur 10 - 20 Prozent der Steuern eingetrieben werden. Das liegt zum einen an der Gepflogenheit russischer Firmen sogenannte Barter-Geschäfte abzuschließen. Die Barter-Geschäfte stellen eine Art modernen Tauschhandel dar und kommen ohne Bargeldzahlungen aus. Diese Praktiken finden sich nicht nur in ländlichen Gegenden, sondern sind selbst bei größeren Konzernen üblich, bei denen dann, statt die Stromrechnung zu begleichen von der Baufirma ein Bürogebäude hochgezogen wird. Wo aber kein Bargeld fließt, können auch keine Steuern abgeschöpft werden, was den Staatshaushalt empfindlich tangiert. Der andere Punkt betrifft die 'Steuermoral' in Russland. Selbst Ex- und fast wieder Premierminister Viktor Tschernomyrdin, der als langjähriger Chef des Enerigiegiganten Gazprom, als sehr wohlhabender Mann gilt, meinte gegenüber dem Fiskus 1997, nur 8000 Dollar verdient zu haben. 160.000 Menschen reichten bis zum Stichtag im April 97 ihre Steuererklärung in der Zehn-Millionen-Metropole Moskau ein - absolut üblich ist es, nur ein Bruchteil des tatsächlichen Einkommens anzugeben.

Gewisse Bereiche der informellen Ökonomie werden hierzulande gerne mit 'organisierter Kriminalität' oder weniger im Beamtendeutsch mit 'Mafia' übersetzt. Die hiesige Transferleistung hat freilich System. Ausschlaggebend dafür ist das westliche Interesse, eine kapitalistische Normalität zu schaffen, in der transnationale Geschäftsabschlüsse überhaupt erst möglich werden. In den Ländern selbst verläuft die Konfliktlinie dann zwischen den demokratischen Modernisierern, die von der Einrichtung einer bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft profitieren und den ideologisch wie auch immer ausgerichteten Gruppen, die sich in der zerrütteten Ordnung neu einrichten müssen und auch ihre Pfründe sichern wollen.2

Die beträchtliche Lohndifferenz von der BRD zur Ukraine, die mit bis zu 1:100 beziffert wird, läßt sich daher nicht direkt in die soziale Lage der Betroffenen übersetzen. Darüberhinaus gibt das Lohngefälle freilich ein gutes Migrationsargument ab, dem aber aus ökonomischen, gesundheitlichen oder ideologischen Gründen nur ein Bruchteil der Bevölkerung Rechnung tragen kann.


Grenzpolitik

Allgemein scheint eine Pendel- und Transit-MigrantInnenökonomie mit ihrem halb- bis illegalem Rechtsstatus ein fester Faktor der jeweiligen nationalen Arbeitsmärkte zu sein. Auf den sogenannten 'Russenmärkten' in Polen, wo Lebensmitteln, billige Klamotten und andere Produkte aus den GUS-Staaten verkauft werden, bieten sich auch Leute als Arbeitskräfte an. Allein aus der Ukraine kommen über auf dem Schwarzmarkt erwerbbare Einladungen bis zu 600.000 UkrainerInnen nach Polen. Transit-MigrantInnen versuchen sich ihren weiteren Weg nach Westen zu erhandeln. Über den Zloty ist es möglich an Devisen zu kommen, um die ständig steigenden Preise für die Fluchthilfe zu finanzieren. Auch die jüngst mit gewerkschaftlicher Unterstützung erfolgreich verlaufenden Streiks illegaler LandarbeiterInnen aus Albanien und Rumänien in Griechenland machen deutlich, daß der illegale Status keineswegs eine nationale Besonderheit ist. Die Illegalität selber ist ein sehr uneinheitliches Feld, das je nach Einreise-, Aufenthalts- und Arbeitsbestimmungen national unterschiedlich geregelt ist. Gerade das Halbdurchlässige der Grenzen ermöglicht aber die Nutzung für die jeweiligen Arbeitsmärkte.3 Die im Rahmen der EU-Eingemeindung von Polen geforderte Abschottung ihrer Grenzen nach Osten stellt, nicht nur für die Ausgeschlossenen, sondern auch für Polen ein beträchtliches ökonomisches wie soziales Problem dar.4 Auch der 'Polenstrich'5 in Frankfurt am Main ist letztlich als Ausdruck einer solchen Grenzpolitik zu verstehen.

realaudio: ol'time Als legalisierte Form solcher Grenzpolitiken ist aus dem Baugewerbe bekannt, daß deutsche Unternehmen häufig osteuropäische Firmen mit Projekten beauftragen, was zur Konsequenz hat, daß die mit Werkvertrag Beschäftigten bei Kündigung sofort ihre Aufenthaltsberechtigung verlieren und hierzulande keine rechtliche Handhabe gegen ihre Auftraggeber haben. In der Praxis führt das zu einer leichten Ausbeutbarkeit der meist männlichen Arbeiter, die trotz nominell anders lautender Verträge untertariflich bezahlt werden und schlechte Arbeitsbedingungen akzeptieren müssen.6 Für Frauen, die häufig in die privatisierten Sektoren des Arbeitsmarktes wie Haushalt und Prostitution verwiesen werden, existieren noch nicht einmal diese minimalen Garantien.7

So eröffnet also auch der formal legale Rahmen über die nationalstaatlichen Grenzen hinweg ein Feld verschärfter Ausbeutbarkeit. Die neue rot-grüne Regierung hat hier Schritte angekündigt, solches zukünftig zu unterbinden. Dabei schließt sie sich einem populistischen Diskurs an, der schon aus der de fakto Abschaffung des Asylrechts bekannt ist. Zu erwarten ist, daß die moralische Empörung über illegale Beschäftigung osteuropäischer Bauarbeiter mit den letzten Richtfähnlein beim Hauptstadtbau und insbesondere deren konsequente Umsetzung, sprich die Abschiebung der betroffenen Bauarbeiter erheblich steigen wird.8 Insgesamt liegt es nahe, eine Duldungsstrategie von staatlicher Seite zu vermuten, die allerdings nicht verschwörungstheoretisch mißzuverstehen ist, sondern mit den ökonomischen, politischen und ideologischen Konjunkturen mal restriktiver oder liberaler ausfällt. Für eine Duldungsstrategie spricht auch die eher seltene Anwesenheit von Polizisten auf Spargel- oder Blaubeerfeldern zur Erntezeit.

Ungeachtet solcher Überlegungen ist klar, daß es breite Interessensgruppen - vom Heiratsintitut bis zur Baufirma - gibt, denen die prekäre soziale Situation der MigrantInnen entgegenkommt und solange letztere dem Staat nicht in Form von Kranken- oder Sozialkosten auf der Tasche liegen, sich kaum etwas ändern dürfte. Das erklärt auch die Trägheit der zuständigen Institutionen bei der 'Bekämpfung' illegaler Beschäftigung, denen höchstens noch die reaktionäre Forderung von Teilen der Gewerkschaften nach 'Deutsche zuerst' gegenübersteht.


Verändertes Bedrohungsszenario für Europa

Neben dem ökonomischen Interesse ist allerdings, insbesondere für die BRD als unmittelbaren Grenzanrainer, ein ordnungspolitisches Interesse zu berücksichtigen.9 Eine besondere Bedeutung der geplanten Assoziierungen der Länder besteht in der 'Regelung von Migrationsfragen'. So freuten sich die 32 west- und osteuropäischen Teilnehmer der Prager Ministerkonferenz im Oktober 1997 zur 'Bekämpfung illegaler Migration, bei der auch die wichtigsten internationalen Organisationen zum Thema Migration anwesend waren, unisono über die Ausweitung von Phare-Mitteln10 auf die Bereiche Inneres und Justiz. Konkret bedeutet das dann, daß die jeweiligen Länder, die auf der Konferenz vorgestellten Gesetzesvorschläge in ihre Rechtssprechung einbauen. Unter der Hand wandern so die Kriterien des Schengener-Abkommen in die nationale Rechtssprechung ein und werden zu Bedingungen einer künftigen EU-Eingemeindung.

trumpet player Nicht mehr die 'Heerscharen' von Flüchtlingen und MigrantInnen sind die Bedrohung für die innereuropäische Stabilität, sondern die 'organisierten Kriminellen', die jene 'einschleppen'. Mit dieser diskursiven Strategie gelingt den Polizeiapparaten der Anschluß an die Menschenrechtsargumentation, bei gleichzeitiger Verschärfung der Kontroll- und Repressionsstandards. Die MigrantInnen werden dabei zu passiven Opfern im Hinblick auf ihre Fluchtinteressen und können so von der Polizei aus Kühlwagen und ähnlichem 'gerettet' werden.11 Entsprechend sind die 'Schlepper und Schleuser' die brutalen Profiteure der Situation und geben dazu ein moralistisch gesättigtes Feindbild ab. Dieser Diskurs hat auch bei den Ukrainischen Grenzschützern Einzug gehalten.


Bedeutung der EU-Osterweiterungspläne - Freihandelszone oder EU-Partnerschaft?

Gelegentlich wird darauf spekuliert, daß mit der Erweiterung der EU nach Osten sich Probleme wie illegale Einreise und Arbeitsmigration, zumindest mit den Grenzanrainern Polen und Tschechien aufgrund von Angleichungsprozessen von selbst erledigen könnten. Ob diese zustande kommen, soll dann von den guten oder schlechten Absichten der beteiligten Regierungen abhängen. Aber schon die Frage nach EU-Partnerschaft oder Freihandelszone, wie sie gerne auf der Meinungsseite der taz oder im Feuilleton anderer linksliberaler Zeitungen diskutiert wird, ist falsch gestellt, da die konkreten Politiken nur wenig von der wie auch immer ausgerichteten Perspektive tangiert werden. Ob die momentan assoziierten Staaten also zu den EU-Staaten aufschließen können oder ob sie zu Rohstoff- und Arbeitskraftlieferanten degradiert werden, ist vielmehr Resultat der aktuellen Umstrukturierungsprozesse, dessen Probleme im wesentlichen von den betroffenen Ländern zu realisieren sind. Die EU- Länder können sich dabei die bequeme Position eines wohlgesonnenen Nachbarns erlauben, der - nicht uneigennützig - gute Ratschläge für eine funktionierende Marktwirtschaft gibt.

Die Eingemeindung der potentiellen Newcomer12 Ungarn, Polen, Tschechien, Estland und Slowenien soll nach dem von IWF und Weltbank bekannten Muster erfolgen: Öffnung der nationalen Märkte für westeuropäische Unternehmen, sowie Schaffung der rechtlichen, finanzpolitischen und infrastrukturellen Voraussetzungen. Nur dann und dafür gibt es Gelder aus den europäischen Strukturfördermittelfonds. Im Rahmen des PHARE-Programms, wird eine knappe Milliarde DM für Managementschulung durch europäische Fachleute aufgebracht. Ähnliches ist derzeit mit dem GUS-Förderfond TACIS vorgesehen. Und freilich ist in den Verträgen auch eine Priorität der Auftragsvergabe an westeuropäische Unternehmen festgeschrieben, um den Rückfluß des Kapitals zu sichern. Die wenigen einheimischen aussichtsreicheren Branchen werden von Privatbanken kreditiert, die, wie sich im Falle der Rußlandkrise am Deutschen Beispiel zeigt, zumeist noch über Hermesbürgschaften staatlich gesichert sind, so daß auch auf der Ebene der Finanzpolitik sein Schnitt gemacht wird.

Daß sich die führenden Nationen 'Sorgenkinder' oder gar Konkurrenten innerhalb der EU einhandeln wollen, scheint kaum wahrscheinlich. Plausibler ist schon die Annahme einer hierarchisch gestaffelten Union, bei der die Anwärter zwar eingemeindet, in den entscheidenden Fragen wie Agrarwirtschaft und Arbeitsmigration aber in eine längere Warteschleife mit ungewissem Ausgang geschickt werden. Selbst dieses Projekt setzt allerdings noch den Umbau der EU-Entscheidungsgremien zugunsten der bevölkerungsreichen Länder voraus.13

Scheitert der Transformationsprozeß wird von den guten Absichten schnell Abstand genommen. Deutlich wird die paternalistische Haltung, wenn es an die eigenen Interessen geht. Von der alten Bundesregierung und aus Bayern war der Vorschlag zu hören, die volle Freizügigkeit für Arbeitsmigration auf das Jahr 2012 oder 2015 zu datieren. Die Kontinuitätsbekundungen der neuen rot-grünen Koalition in Sachen Außenpolitik werden sich wohl auch hier bewahrheiten.


Politik und Politiker in der Sündenbockfunktion

Das aufgrund der schwierigen ökonomischen und sozialen Lage fast zwangsläufige Fehlschlagen der Transformationen wird den zuständigen Politikern oder ihren Parteien als 'Unentschlossenheit in der Reform' und ähnlichem zur Last gelegt. Besonders in der bürgerlichen Presse ist dieses Deutungsmuster von Krisen nach wie vor beliebt und trägt erheblich dazu bei, die Ökonomie und rückwirkend wiederum die Politik als unhinterfragbare Felder zu bestätigen. Indem nämlich die ungleichen Ausgangsbedingungen und das sind in einem liberalisierten Markt die branchenspezifischen Produktivitäten, nicht thematisiert, sondern der Politik in Rechnung gestellt werden, werden letzterer Kompetenzen zugesprochen, die sie ihrem bürgerlichen Selbstverständnis nach gar nicht haben dürfte. Letztlich ist klar, wer beim gegebenen Stand der Konkurrenz Erfolg hat und wem sich Profite auf den neuen Märkten erschließen.

Die Konsequenzen einer solchen liberalen Anpassungspolitik sind hinreichend bekannt. Es entstehen Modernisierungsgewinner und eine meist größere Gruppe von VerliererInnen. Die hierachische Gliederung der Nationalstaaten untereinander dient dabei als idealer Transformationsriemen. Nach dem Prinzip von 'Teile und Herrsche' werden diejenigen Kräfte unterstützt, die aus dem Liberalisierungsprojekt wiederum ihre Vorteile ziehen. Daß das, wie im Falle der Osterweiterung, nicht so reibungslos verläuft, hindert keineswegs daran, es als Muster beizubehalten.14 Die 'große Politik der alten Männer' zeigt sich als nach wie vor enorm bestandsfähig.

Micha Elm




Anmerkungen:

1 Vgl. dazu sowie zu den folgenden Angaben: (Hg.) Forschungsgesellschaft für Flucht und Migration (FFM Heft 5) 1997, Ukraine. Vor den Toren der Festung Europas, S.114-125. <zurück zum text>
2 Ein wenig erinnert das an die Horkheimersche Unterscheidung zwischen den legalen und den illegalen Rackets, bei der es darum geht, welcher Clique es gelingt, die Normalität zu definieren, um so ungestörter den Surplus einstreichen zu können. <zurück zum text>
3 Christof Parnreiter macht in seinem Artikel 'Von Mauern mit Löchern' darauf aufmerksam, daß selbst eine sehr restriktive Grenz- und Einwanderungspolitik, wie sich am amerikanisch-mexikanischen Beispiel zeigt, nicht zu einem Stopp der Imigration führt. Vielmehr verschärfen sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen im Land, was zu einer erhöhten Ausbeutbarkeit der MigrantInnen führt. Parnreiter konstatiert seit Anfang der achtziger Jahre ein zunehmendes Interesse an solch marginalisierten Arbeitskräften innerhalb der Metropolen (Christoph Parnreiter (1998), 'Von Mauern mit Löchern', Diskus Nr.3/98. <zurück zum text>
4 Was den Aufbau eines 'zweiten Festungsrings', also die Sicherung der östlichen Außengrenzen von Polen und Tschechien mit bundesdeutscher Hilfe und die Entstehung sogenannter Viertstaaten, betrifft: Vgl. hierzu: FFM Heft 5 Ukraine. Vor den Toren der Festung Europas. <zurück zum text>
5 Der Ausdruck Polenstrich bezeichnet den Sachverhalt, daß männliche osteuropäische Migranten ihre Arbeitskraft entlang der Hanauer Landstraße in Frankfurt am Main feilbieten. Der überwiegende Teil der Leute, denen ein dreimonatiger visafreier Aufenthalt in der BRD - freilich ohne Arbeitserlaubnis - gestattet ist, kommt aus Polen,. <zurück zum text>
6 Sehr anschaulich werden die Probleme polnischer PendelmigrantInnen in dem Artikel von Norbert Cyrus 'In Deutschland arbeiten und in Polen leben' erörtert. In: (Hg.) Schwarzer Faden, Zwischen Flucht und Arbeit, Hamburg 1995. <zurück zum text>
7 Vergleiche dazu das Interview Aschenputtel bringt sich auf den Markt in farce 0/98. Ausführlichere Informationen zur Situation osteuropäischer und russischer Frauen finden sich in der Zeitschrift Weibblick Heft 29/1998. <zurück zum text>
8 Wie Franck Düvell in einem unveröffentlichten Manuskript zur Situation illegaler MigrantInnen in der BRD bereits anmerkte. Vgl. Franck Düvell 1997 'Illegaler Aufenthalt und illegalisierte Lebensbedingungen von AusländerInnen in der Bundesrepublik - ein Diskurs im Überblick' <zurück zum text>
9 Die militärpolitische Dimension der NATO-Osterweiterung bleibt hier weitgehend ausgeklammert. Besitzt ein Staat Atomwaffen oder befindet sich wie Polen oder Tschechien in einer geopolitisch wichtigen Position, kann freilich auch so etwas wie 'Verständnis für die schwierige Situation' entstehen. Für die praktizierte Doppelstruktur von ökonomischer und sicherheitspolitischer Einbindung im Rahmen der NATO, ist der Artikel "Die Osterweiterung der EU" recht aufschlußreich. (Gegenstandpunkt 2/98, S. 109-142) <zurück zum text>
10 Ein EU-Fond, der seit einigen Jahren Mittel für die 'Zusammenarbeit und Unterstützung´ der osteuropäischen Staaten bereitstellt. <zurück zum text>
11 Vgl. dazu den Artikel von Thomas Kunz Sicherheit im Zeichen der Burg in Arranca Nr. 14. <zurück zum text>
12 Als weitere, assoziierte Länder sind Lettland, Litauen, Bulgarien, Rumänien und die Slowakei im Gespräch. <zurück zum text>
13 Vgl. dazu Peter Gowan 'Unsicherheiten der EU-Osterweiterung' in Prokla 112. <zurück zum text>
14 Politisch steht dem europäischen Liberalisierungsprogramm die nationalistische Abschottungspolitiken der Rechten gegenüber. Die zumeist noch vonhandenen kommunistischen Parteien haben häufig eine stark nationalistische Ausrichtung. Die gelegentlichen antisemitischen Töne lassen den Unterschied zu den Programatiken der Rechten trübe werden.
Eine Einschätzung der Bedeutung völkischer Präferenzen in bezug auf die deutsche Osteuropapolitik soll hier, trotz aller Schäubles und Steinbachers, nicht vorgenommen werden. Als Anmerkung sei erlaubt, daß die unlängst von der CSU losgetretene Debatte um die finanzielle Entschädigung oder Rückerstattung von Besitztümern der sogenannten Vertriebenen im Zuge der Eingemeindung Tschechiens in die EU bei aller Kontinuität auch wahlkampftaktisch geprägt war. Wie bei den 'Rußlanddeutschen' muß die CDU/CSU ihr Wählerpotential gegenüber der DVU behaupten. Andererseits liegt die Kontinuität des Völkischen aber vielleicht gerade im Populismus des Wahlkampfs. <zurück zum text>



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