Rede auf der Vollversammlung vom 4. November

Die Einführung von Studiengebühren, Verwaltungskosten und die Streichung von 35000 (?) Euro Lehrmitteln ist nicht der erste Streich, den die Regierung den Studierenden spielt. Es ist nur der vorläufige Höhepunkt in einer langen Reihe von Verschlechterungen an der Universität.

1998 ist das geschehen, 1999 das 2000 das und das..

Wir haben uns nicht gewehrt.

Als das von Studierenden selbstverwaltete TurmCafé über Nacht geräumt wurde, gab es kaum Protest.

Als die Autonomie des Studierendenhauses von der Universitätsleitung aufgehoben wurde, gab es kaum Widerstand.

Als der gesamte Turm geschlossen wurde und es für die Fachbreiche 3, 4 und 5 kaum noch Räume gab, haben wir das hingenommen.

Als die Seminare immer voller wurden und die Räume immer kleiner, haben wir uns still verhalten.

Als der Umzug ins IG-Farben Gebäude desaströs gelaufen ist, haben wir uns damit abgefunden.

Wie viel wollen wir noch hinnehmen? Wie lange wollen wir uns noch still verhalten? Wie lange wollen wir uns noch abfinden? Es reicht!

Und jetzt die allgemeinen Verwaltungsgebühren und die gebühren für sogenannte Langzeitstudierende. Wer entscheidet eigentlich wie lange lang ist?

Die hessische Landesregierung, der Arbeitsmarkt oder die Universität, die Wissenschaft, die Studis?

40% aller Studis sind sogenannte Langzeitstudierende. Fast alle müssen neben dem Studium jobben. Viele haben Kinder. Sie können gar nicht schneller studieren. Sie können es sich nicht leisten. Aber das ist der Regierung egal. die will eine Elite-Uni, in der nur die studieren können, die reiche Eltern haben.

Aber ich habe keine Lust mir vorschreiben zu lassen, wie meine Biographie aussehen soll. Ich habe keine Lust, dass sie mir in meinem Leben rumpfuschen.

Die Einführung von Studiengebühren ist ein Skandal. Wir müssen uns dagegen wehren. Aber wie?

Die Fugblätter, die wir geschrieben haben, die Veranstaltungen, die wir organisiert haben, die Unterschriftenlisten, die Petitionen, die wir unterzeichnet haben, haben keine Sau interessiert.

Wir brauchen uns keine Illusionen über die hessische Landesregierung zu machen. Niemand soll glauben, mit guten Argumenten ließen sich doch alle überzeugen. Die Regierung hat den Gesetzestext durchgewunken mehrer Tage bevor die Einspruchsfrist abgelaufen war. Und das, obwohl die Asten Gesprächsbedarf angekündigt hatten! Damit hat sie bewiesen, was sie auf die Asten, die Studierenden und auf freundliche Dialogangebote gibt: einen Scheißdreck.

Die Reaktion der CDU auf unsere demonstration letzter Woche war an Arroganz kaum zu überbieten. Die Regierung Koch hat allen sozialen Projekten, den Frauenhäusern, den Sprachkursen , Drogen- und Obdachlosenhilfen die Gelder gestrichen. Nur den reaktionären Sudetenlandsmannschaften hat sie die Gelder nicht gekürzt.

Wie verdammt sicher müssen sich Koch und Konsorten fühlen, dass sie erst alle sozialen Projekte, die Kirchen, die Gewerkschaften gegen sich aufbringen um dann sofort den Studis eine reinzuwürgen. Brauchen sie überhaupt keine Angst zu haben, können sie sich ihre Untertanen so völlig am Arsch vorbeigehen lassen? Oder haben sie sich jetzt verkalkuliert, haben sie das Fass zum überlaufen gebracht?

Wenn uns niemand zuhören will, dann müssen wir die Öffentlichkeit dazu zwingen, uns zuzuhören. Wir müssen so laut sein, dass niemand mehr daran vorbeikommt, uns zuzuhören. Wir müssen zeigen, dass wir nicht die braven Studis sind, die sich alles gefallen lassen und ihnen zeigen, dass wir nicht freundlich lächeln, wenn man uns ins Gesicht spuckt! Wir müssen ein Zeichen setzen, dass in der Öffentlichkeit Beachtung findet, dass niemand mehr ignorieren kann. Deshalb muss über einen bloß appelativen protest hinausgegangen werden und ein streik als mittel zur verhinderung der sparvorhaben und zur durchsetzung eingener vorstellungen herangezogen werden. Dazu ist es unbedingt notwendig solange zu streiken bis unsere forderungen durchgesetzt sind. Streik von englisch strike=schlag heißt aber auch arbeitsniederlegung, also in unserem fall beendigung des seminar-, forschungs- und verwaltungsbetriebs. Alle Studierenden, MitarbeiterInnen und ProfessorInnen sind aufgerufen, anstelle ihrer Lehrveranstaltungen die Streik-Arbeitsgruppen zu besuchen und sich über diese öffentlichkeitswirksam für die genannten Anliegen einzusetzen.

Wir sind die einzigen, die uns helfen können. Und das einzige, was uns helfen kann, ist ein Streik!