Nur was richtig sauber ist, kann auch richtig glänzen

 

Seit Februar residiert im StudentInnenhaus ein neuer AStA. Zusammengesetzt aus Jusos in der SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Liberaler Hochschulgruppe und der Undogmatischen Linken, machen sich diese Polit-FunktionärInnen - beseelt von dem Gedanken, die letzten Reste studentischer Selbstverwaltung gemäß den Regeln betriebswirtschaftlicher Kalkulation in einen gewinnbringenden Betrieb zu transformieren - voller Tatendrang daran, allen nicht auf Parteilinie liegenden politischen und kulturellen Projekten an der Uni ein Ende zu bereiten.

Kriminelle Chaoten oder Was ist eine wehrhafte Demokratie?

Kraß wird der "neue politische Stil" (O-Ton Astazeitung) gegenwärtig am KoZ-Kollektiv exekutiert: "Rote Zahlen" hätten sie erwirtschaftet, "Zwangsbeiträge der verfassten Studentenschaft verpulvert" (O-Ton Eggert). Ein durch und durch unsinniger Anwurf, da die Gelder des AStA gerade nicht zur "Gewinnmaximierung" da sind, sondern zur Förderung studentischer Projekte. Insofern ist die Subventionierung billigen Kaffees und die Unterstützung nicht am Mainstream orientierter kultureller Veranstaltungen alles andere als skandalöse Mißwirtschaft. Ebensowenig wie die Unterhaltung der AStA-Druckerei Druckerei, die bisher nicht am Parteitropf hängenden studentischen Initiativen kostengünstige Druckmöglichkeiten bot, jetzt aber abgeschafft werden soll. Auch hier ist die Begründung "mangelnde Rentabilität". Stellt mensch ferner in Rechnung, daß gerade die Jusos in der SPD und Bündnis '90/Die Grünen über die Budgets ihrer Mutterparteien Druck- und Veröffentlichungsmöglichkeiten in breitestem Rahmen haben, entpuppt sich die Rentabilitätsfaselei des AStA als Vorschubargument zur Legitimierung der politischen Flurbereinigung auf dem Campus.

Das KoZ paßt nicht zum Bild einer stromlinienförmigen StudentInnenschaft, die pflichteifrig und beflissen ihren Studienobliegenheiten nachkommt, um die den wissenschaftlichen Kriterien gemäßen selektiven Maßnahmen des Studiums als KonkurrenzgewinnerInnen zu durchlaufen. Diejenigen, die darauf aufmerksam machen und sich dem längst zum Prinzip gewordenen Verfahren der gegenseitigen Eliminierung nicht anschließen oder gar entgegenstellen, müssen verschwinden. Kassandra verrecke!

So ist ein Kollektiv, daß linke Zeitschriften auslegt, unabhängigen politischen Veranstaltungen einen Raum bietet und über den Uni-Rahmen hinaus politisch tätig ist, der Servilität der Eggerlinge gegen die SachwalterInnen der "großen Politik" in Kommune, Land und Bund ein Dorn im Auge. Damit dem AStA derartige politische Unbotmäßigkeiten in Zukunft nicht mehr unterkommen, wird neben der personellen Neubesetzung zugleich das Prinzip der Selbstverwaltung zugunsten eines reinen Angestelltenverhältnisses unter der Kontrolle eines dem AStA verpflichteten Blockwarts (im AStA-Jargon auch "KoordinatorIn" genannt) ersetzt.

Wir müssen draußen bleiben oder Unser Haus soll schöner werden

Den NationaldemokratInnen der etablierten Parteien nachzueifern, ist dem AStA das Höchste, und er fährt das volle Programm. Flüchtlinge haben im "Tempel der Vernunft" nichts zu suchen. In der Rot-Grünen Sprachregelung heißt der mittels Müllcontainern und der organisierten Tatkraft von AStA-Mitgliedern eigenhändig vollzogene Rausschmiß der im Studi-Haus untergebrachten Flüchtlinge "Umzug".

Die Tatsache, daß einer der "umgezogenen" Migranten bei Frau Riedel sen. "zwischengelagert" wird, ändert nichts daran, daß die so praktizierte AusländerInnenfreundlichkeit den rassistischen Maßstäben, in denen sich Volk und Führung einig sind, entspricht. Da sich die Bedürfnisse ausländischer Studierender nach Erkenntnis des Referats für politische Bildung "von denen deutscher Studierender unterscheiden" (Astazeitung), richtet der AStA seine Ideologie und Politik auch konsequent am Unterschied von In- und AusländerInnen aus. Anstatt diesen Gegensatz zu kritisieren, die restlose Subsumtion aller Menschen unter staatliche Gewaltmonopole und die ideologische Begleitmusik, die Völker, Ethnien und nationale Identitäten konstruiert, zu denunzieren, wollen sie die Universität zu einem Ort der "gelebten multikulturellen Gesellschaft" (Astazeitung) machen. Die feinen Unterschiede dieser AusländerInnenfreundlichkeit zum vulgären "Ausländer raus" der FaschistInnen liegt darin, daß jene die Sortierung der AusländerInnen nach ihrer Nützlichkeit für die Nation vorsieht. StudentInnen mit ausländischem Paß, die sich brav in die Bildungskonkurrenz an der Universität einfügen, sind, wie überhaupt AusländerInnen, die für Deutschland heilen, forschen, kicken, von ganz anderem Kaliber als campusverschandelnde Flüchtlinge oder KurdInnen, die, anstatt multikulturellen Maßstäben gemäß zu leben, ihr "Gastrecht mißbrauchen", indem sie mit politischem Protest den Einsatz deutscher Ordnungskräfte provozieren. Was begrifflich und politisch von diesem AStA zu erwarten ist, zeigen die Reaktionen desselben auf die brutale Niederknüppelung einer KurdInnendemonstration auf dem Campus vor zwei Monaten. Während der Rückzug einiger AStA-Mitglieder in die sicheren Räume der verfassten StudentInnenschaft angesichts des gründlichen Vorgehens der Polizei zumindest verständlich erscheint, können die anschließenden Stellungnahmen und Äußerungen der AStA-Fraktionen den Verdacht grundsätzlicher Übereinstimmung mit der nationalen Auftragslage nicht zerstreuen. Im Gegenteil. Die Einverständniserklärung mit dem "rassistischen Konsens" geht sogar so weit, daß die Undogmatische Linke - immerhin auch AStA-Fraktion - beim "Übergriff" der Polizei den "Vorwand" vermißt, der der demokratischen Vernunft die Einordnung der so traktierten in "gut" und "böse" ermöglichen würde. Nicht zuletzt der Verlust linker Terminologie und Kritikansätze scheint die "Regierungsfähigkeit" dieser Fraktion befördert zu haben.

Daß die Jung-SPDler obendrein ästhetisch sehr empfindsame Naturen sind, zeigt sich an ihrem weniger empfindsamen Umgang mit den Obdachlosen im StudentInnenhaus. Nicht genug, daß Herr Eggert "keine Penner mehr vor dem Juso-Büro liegen sehen will" (O-Ton AStA-Vize), kann er jetzt endlich seine Ordnungsphantasien kraft des ihm durch das studentische Votum erteilten Hausrechtes exekutieren. Nach der Maxime, daß Politik gegen Armut zuvorderst Politik gegen Arme ist, sind er und der AStA insgesamt schwer dafür, daß der "Menschenmüll" der sozialen Marktwirtschaft den fleißigen studentischen Arbeitsbienen nicht zur Last fällt und sei es nur die seines Anblicks. In den Plänen des AStA, den Campus als einen reibungslos funktionierenden, politisch gleichgeschalteten gewinnorientierten Betrieb zu gestalten, erscheinen Obdachlose nur als "geschäftsschädigende Penner", die vertrieben gehören. Mit Studiendeform, überfüllten Hörsälen, hohen Mieten etc. hat man/frau sich nun schon irgendwie abgefunden, aber wenn nach der langweiligen Vorlesung der "unansehnliche Penner" die Mittagspause versaut, ist das Maß voll, und der AStA fühlt sich auf den Plan gerufen. Schöne neue Uni-Welt!!!

Rolle rückwärts oder Kuck mal, wer da spricht

Auch auf dem Feld der Diskriminierung von Frauen greift dieser AStA in die Vollen: Frau Riedel entlarvt sich als Symphatisantin der "Heim-an-den-Herd-Ideologie" eines Herrn Schäuble, wenn sie vollmundig verkündet, daß sie (sic!) "am liebsten gar nichts mehr für die Uni-KiTa zahlen" will.

Die Unterstützung der Kindertagesstätte, die zumindest dem Anspruch nach "helfen" sollte, die Fixierung der Frauen auf die Rolle der sorgenden Mutter abzuschwächen und ihnen die Teilnahme an Studium und Beruf zu ermöglichen, geht dem AStA noch viel zu weit.

Die AStA-Vorsitzende ist zwar von der Mitwirkung von Frauen an der Politik überzeugt, reproduziert jedoch - ungeachtet einer ihrer Prinzipien, nämlich "frauenfreundliche Politik" zu machen - nichts weiter als die gewöhnlichen sexistischen Strukturen. Nicht einmal eine ansatzweise Aufweichung der vorgestanzten Geschlechterrollen kommt ihr dabei in die Jute-Tüte. Sie demonstriert damit, was abstrakte Gleichberechtigung über Quotenregelungen (hält sie sich doch viel darauf zugute, "Quotenfrau" zu sein) und Frauenförderpläne heißt: Abstrakte Gleichberechtigung impliziert, daß frau die Prinzipien der patriarchalen Ordnung teilt und sie noch radikaler und rigider als die männlichen Sachwalter des Sexismus in die Tat umzusetzen vermag. Die Entlassung aller Pförtnerinnen im StudentInnenhaus - "zu ihrem eigenen Schutz" (sic!) - sowie die einträchtige Zusammenarbeit mit dem Juso-Männerbund kann also nicht mehr verwundern.

Örtlich betäubt oder Was getan werden muß

Daß die im Jahresturnus neugewählten ASten ihre neugewonnene vermeintliche "Machtfülle" zu Kopfe steigt und die AStA-Vorsitzenden alle möglichen Leute mit ihren Allüren und Schrullen nerven, ist weiß Gott nichts Neues. Ein AStA jedoch, der so konsequent und unverblümt die Vergabe von Geldmitteln an von ihm abhängige Initiativen zum Hebel der Durchsetzung politischen Wohlverhaltens macht, dem Schwulenreferat beispielsweise mit der Kündigung seines Raumes droht, falls es nicht seine Unterstützung des KoZ aufgibt, Projekte wie "Hawar" (Kurdistan-Projekt) etc. in Frage stellt, signalisiert den Einzug einer neuen Qualität der Funktion der verfaßten StudentInnenschaft.

Dieser AStA tut sich weniger durch die Artikulation gesellschaftlich grundlegender Fragestellungen als vielmehr durch konstruktive Mitarbeit am System Universität hervor. Die gesellschaftlich schon längst durchgesetzten Vorgaben werden durch ihn nur noch kopfnickend affirmiert, positiv gewendet und zur Richtschnur seines Handelns gemacht. Regeln und Mechanismen der institutionellen Selektion werden im Hinblick auf Universität und Gesellschaft zum Prinzip kollektiven Lebenswandels ernannt. Insofern kann es nicht verwundern, daß die Transformation der Uni in einen (kostendeckend arbeitenden) Dienstleistungs- und Servicebetrieb so verbissen vorangetrieben wird. Copy-Shop, Kommerzcafé (im KoZ) und Realsatire im AStA-Flur ("Lernzentrum") weisen den StudentInnen den Weg zur Konsolidierung ihrer Funktion als "KundInnen und VerbraucherInnen" (Astazeitung). Erleichterter "Zugang zu Bildung und Information" (ebenda) ersetzt den kritischen Umgang mit Inhalt und Auftrag der Universität. So wird der angeordnete Rückzug der Studierenden auf ihr studentisches Dasein durch den AStA noch einmal vollzogen.

Neben die so beabsichtigte Neutralisierung jeden Gedankens an den gesellschaftlichen Kontext der Hochschulen, tritt die Planung und Durchführung "großer Politik" am Campus. Unter dem Vorsitz von AStA-Vize Eggert geben sich so Politgrößen aus Regierung und "Opposition" ein Stelldichein, um in den Frankfurter Dialogen die geistige Führung der NachwuchsdemokratInnen zu übernehmen. Diese nehmen das Angebot, sich zur Mündigkeit erziehen zu lassen, pflichteifrig wahr und nutzen die Gelegenheit, die Verhandlung nationaler und imperialistischer Sachlagen aus der Perspektive selbstbewußter und kritischer Untertänigkeit zu ihrem Anliegen zu machen. Auf diese Weise gelingt der Studierendenvertretung, was Staat und Politik in Jahrzehnten nicht zu schaffen vermochten.

Die Auflösung des kritischen politischen Lebens zugunsten der "Halt's Maul und Lerne-Ideologie" und die zur staatsbürgerlichen Rationalität heimgekehrte Vernunft bestimmen die Zukunft der Universität.