The Way We Were

Wie wir wurden, was wir sind

Die sinistra! Radikale Linke existiert seit 1992. Damals spaltete sich die Linke Liste, die seit dem Uni-Streik 1986 (als Traditionswahrerin der seligen Sozialistischen Hochschulinitiative SHI) die studentische Politik an der Uni dominiert hatte, in die sinistra! Radikale Linke und die Internationale Liste/Undogmatische Linke. Provoziert wurde diese Spaltung dadurch, daß ein Teil der Linke Liste-Leute sich vom damaligen Uni-Präsidenten Ring gemeinsam mit dem RCDS in den AStA setzen ließ, als das StudentInnenparlament aufgrund konfuser Mehrheitsverhältnisse nicht in der Lage war, sich selbst eine „Regierung" zu wählen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Linke Liste schon in ihre diversen Projekte (KFZ-Referat, Perspektiven, Bosnien-Projekt) aufgelöst und war kaum noch mehr als ein Besitzstandswahrungs-Verband mit volkstümlichem Stammtisch. Außer den HerausgeberInnen des diskus, die gewissermaßen den linken Rand der LiLi bildeten, war schon Anfang der neunziger Jahre von ihren ExponentInnen nichts Vernünftiges mehr zu hören oder zu lesen. Es waren diese „alten" Mitglieder, die selbst keine Lust mehr auf AStA-Politik und die Koalition mit Grünen und Jusos hatten und die sich deshalb – hauptsächlich aus der Fachschaft Gesellschaftswissenschaften – eine parlamentarische Interessenvertretung rekrutierten, die für sie die Dreckarbeit erledigen sollte. Sie selbst versprachen, sich zu mäßigen und ihren Alleinvertretungsanspruch aufzugeben.

Doch mit Beginn des Krieges in Jugoslawien war der Stammtisch wieder da, forderte den hessischen Ministerpräsidenten anläßlich einer Veranstaltung im Institut für Sozialforschung bierselig zur militärischen Intervention in Bosnien auf und gründete das ganz auf völkische Ideologie sich stützende „Projekt Bosnien-Hilfe". Als dann der Unipräsident einen RCDS/LiLi-AStA berufen wollte (und auch berief), waren sie es, die eifrig sich wieder in die AStA-Politik stürzten.

Den meisten der „neuen" Leute in der Linken Liste aber war es zuwider, gemeinsame Sache mit den Rechtsradikalen des RCDS zu machen, nur um einige „wichtige" Projekte erhalten zu können, die sie selbst als gar nicht mehr so links und wichtig erkannten. Sie gründeten daraufhin die sinistra! Radikale Linke, die also die eigentliche Nachfolgerin der Linken Liste ist.

Im AStA verblieb dann sozusagen der Bodensatz dieses Spaltungsprozesses, einige Figuren, die zwar keine eigenen Vorstellungen von linker Theorie und Praxis hatten, die aber Geschmack an der Macht (und sei es auch nur der erbärmlichen eines AStA-Vorsitzenden) gefunden hatten. Sie „gründeten" folgerichtig die „Internationale Liste/Undogmatische Linke", deren Namensbestandteil „undogmatisch" lediglich eine Umschreibung der eigenen Prinzipienlosigkeit darstellt, aber die Kontinuität zur Linken Liste suggeriert. (1)

Aufgrund interner und eher persönlicher Konflikte löste sich die sinistra! bereits 1993 auf, viele ihrer Mitglieder engagierten sich aber im oder für das KOZ-Kollektiv, das zugunsten autoritärer Strukturen aus dem StudentInnenhaus verdrängt werden sollte. Motor dieser Bestrebungen waren die „Inter"nationale Liste und die damaligen Grünen an der Uni (heutige Demokratische Linke Liste, die sich aber glaubwürdig von diesem Teil ihrer Geschichte distanziert hat). So entstand 1993/94 aus Teilen der sinistra! die Liste KOZ-Korrektiv (gemeinsam mit dem KOZ-Kollektiv), die auch – vergeblich – zur Wahl antrat.

Als dann 1995 die HerausgeberInnenschaft des diskus vakant wurde, weil die bisherigen MacherInnen zum id-Verlag wechselten und dort die Zeitschrift die beute ins Leben riefen, bildete sich aus einigen neuen Leuten aus Duisburg sowie Teilen der ehemaligen Linken Liste/sinistra!/KOZ-Korrektiv die Liste X. Auch dieser Liste war es nicht beschieden, ins StuPa gewählt zu werden, allerdings hatten wir großen Spaß am Wahlkampf, den wir mit Guy Fawkes und Kreppeln in Form eines X bestritten. Von einer reinen diskus-AnwärterInnen-Gruppe (die dann doch nicht in die HerausgeberInnenschaft des diskus berufen wurde, weil wir den VertreterInnen der AStA-Koalition aus Grünen und Liberalen zu undemokratisch erschienen) verwandelte sich die Liste X in eine (Hochschul-?) politische Gruppierung, die sich als Fortsetzung von Linker Liste und sinistra! mit sympathischeren Mitteln und Leuten versteht.

Auch die (neue) sinistra! Radikale Linke brauchte zwei Anläufe, um endlich wieder zu parlamentarischen Ehren zu gelangen. Wir sind aber guter Hoffnung, in zwei bis drei Jahren über eine stabile absolute Mehrheit im StuPa zu verfügen, um endlich alle studentischen Gelder nach Cuba transferieren zu können.

Im Augenblick sind wir damit beschäftigt, gemeinsam mit der DLL (siehe auch deren Vorstellung) die Fachschaft Gesellschaftswissenschaften zu reorganisieren. Unsere Interessen gehen aber über den Busen der Alma Mater weit hinaus. Die sinistra! Radikale Linke dringt dabei in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.

Fußnote:

1) Die Geschichte der Internationalen Liste/Undogmatische Linke nahm dann ein überaus unrühmliches Ende, als sie im Februar 1997 – wieder um ein eigenes Projekt zu sichern – (die Bosnien-Hilfe bekam DM 10.000,-) erneut mit dem RCDS sowie mit den Giraffen und dem rechten Flügel der Jusos kooperierte und einen AStA mitwählte, dessen Vorsitzende Giraffen und Jusos stellen. Die Referate wurden unter den wählenden Gruppierungen verteilt, die Internationale Liste erhielt das Referat für Hochschulpolitik samt einem ansprechenden Etat. Um sich nicht weiterhin links nennen zu müssen, was massive Schuldgefühle verursachte, löste man die Internationale Liste kurzerhand auf; jedenfalls tat man so, um sich einer Bewertung des Vorgefallenen drücken zu können. Am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften besteht die Gruppe (unter abgewandeltem Namen) ohnehin weiter.....