Ich bin Callboy und das ist auch gut so

Gedanken und Erfahrungen zur männlichen Prostitution - Ein Frankfurter Callboy berichtet


Hallo Frauen, wo bleibt die Gleichberechtigung: Wir Jungs gehen auch auf den Strich. Laßt Euch das erklären. An allem Anfang steht die Nachfrage. Da draußen beobachte ich ein riesiges Bedürfnis, nach jungen Körpern, juveniler Männlichkeit, adoleszenter Geilheit und wiedererlebbaren Jugenderfahrungen. Ferner steigt in unserer wachsenden Singlekultur das Bedürfnis nach menschlicher Begegnung und Zärtlichkeit über Körperkontakte auch zu unterschiedlichen und abwechselnden Partnern (Promiskuitive Diversity). Darüber hinaus besteht das menschliche Grundbedürfnis nach Intimität, Hingabe und Transformation in Sex und Liebe.

Daneben gibt es gerade bei jungen Leuten ein Bedürfnis unabhängig von Institutionen wie Familie oder Universität mit reifer Männlichkeit Erfahrungen machen zu können, sich zu messen, erfahren wie es geht, dazugehörenwollen, Jungfräulichkeit überwinden wollen etc. Schließlich gibt es das Bedürfnis nach existentieller materieller Bedürfnisbefriedigung und Lebenssicherung. Da die meisten junge Menschen nicht über genügend Know-how, Bildungsgrade und Zugangsmacht zu den materiellen Ressourcen verfügen, die die Reiferen bereits unter sich aufgeteilt haben, gilt es für sie ihre ureigensten Werte und Potentiale im Marktwettbewerb einzusetzen. Das sind Jugend, Schönheit, Flexibilität, Aufgeschlossenheit, Neugierde, Begeisterungsfähigkeit, Lebenslust, Potenz, körperliche Leistungsfähigkeit etc. Allsamt Qualitäten, die in unserer jugendzentrierten medialvermittelten Konsumgesellschaft vielfach allerorten ökonomisch ausgewertet werden.

Wenn sich nun fungible Bedürfnisse treffen, wird Befriedigung über ein Tauschgeschäft nach dem Marktmechanismus möglich (Demand Driven Market Theory). Ich als Callboy und SExperte der Praxis sage deshalb, Prostitution ist nicht mehr und nicht weniger als die Schnittmenge zwischen Sexualität und Ökonomie. Noch grundsätzlicher definiere ich Prostitution wertfrei als eine Verschränkung der Spähre Natur-(Jugend)schönheit-Sex(appeal) und der Spähre Kultur-Macht-Geld. In der Prostitution treffen, tauschen oder vereinigen sich die eher jungen Frauen und eben auch Männer mit geringeren ökonomischen Ressourcen z.B. aus ärmeren Schichten und Ländern mit den reiferen ökonomisch besser dastehenden Männern in unserer globalisierten Welt.

Die Grenze zwischen den Spähren ist kulturdefinierend und gekennzeichnet mit zahlreichen Handlungsgeboten und Manipulationsverboten. Diejenigen, die sie überschreiten (Hure, Freier) werden vielfach diskriminiert. Deshalb ist die Branche Prostitution letztlich immer noch eine Subkulturbranche, ist aber dennoch hochgradig ausdifferenziert. Da gibt es einerseits die sichtbaren und die Medien ebenso wie die nur schaulustigen oder vergnügungsuchenden Männer immer wieder anziehenden klassischen Rotlichtviertel und andererseits die klandestine Neoprostitution in Modellwohnungen, die erst mit liberalisierten Medien und Telefontechnologie möglich wurde (Strukturwandel durch Innovation).

Im Männerbereich gibt es den Knabenstrich an Hauptbahnhöfen, in Pornokinos, Saunen und Stricherbars oder Stripptänzer in Cubs, Haus-of-boys und private Callboys. Das Marktsegment homosexuelle Prostitution für männliche Prostituanden (Freier) und Paarservice, ist zu unterscheiden von dem kaum existenten Markt der heterosexuellen Prostitution für weibliche Nachfragerinnen. Systematisieren lassen sich Prostitutionsformen hinsichtlich der Kombination von Anbahnungsort (Straße, Bar, Klappe, Sauna, Club, Anzeige, Internet) und Verrichtungsort (ambulant in Auto, Sauna, Separé, Stundenhotel oder stationär in Boy-Puff, Privatappartment) oder nach dem Abhängigkeits-/Selbstbestimmungs- oder Professionalitätsgrad (Überlebenssexualität, Drogengebraucher/Beschaffungsprostituierter, papierloser Migrationsprostituierter, Gelegenheitsprostituierter, freiberuflicher Independant Escort, lizensierter Club-Besitzer, Immobilienbesitzer). Je nach Milieu variiert die sexuelle Angebotspalette erheblich (Porno, Pseudoerotik, Erotikmassage, Strip/Tanz, Softsex, Full Service, Empfang/Begleitservice, Telefon/Internet-Erotik, S/M und Fetisch), ferner der Grad der Hingabe (Abzocker/Erpresser, Kobern, Quickey, Stundenservice, virtuelle Beziehung/Reisebegleitung, kein Küssen oder richtige Zungenküsse etc.) und dementsprechend das Preis- und Qualitäts/Intensitätsniveau (20€/Nummer – 200€/Std).

Wer schaut da jetzt noch durch? Viel Unwissen und Vorurteile herrschen vor. Käuflicher Sex ist einerseits eine teure Luxusdienstleistung, die sich zwar jeder leisten kann, aber eben nicht so oft wie man vielleicht will. Andererseits bewirkt die Tabuisierung nur einen verzerrten Blick. Doch auch bei Liebesdiensten gilt wie so oft im wirklichen Leben: Probieren geht über Studieren.

In den wilden 68ern galt es als schick, es zumindest mal als Hure oder Callboy selbst ausprobiert zu haben. Wer aber ist heute noch so progressiv und will mal die geheimen Spielregeln der patriachal-kapitalistisch-sexistischen Matrix, die sich in der Prostitution herauskristallisieren, mit dem eigenen Körper als Einsatz an sich selbst auskundschaften? Wer ist heute, wo Sex auf allen Medienkanälen stellvertretend ausagiert wird, noch nicht abgestumpft und will nach dem Motto „Brave Buben kommen in den Himmel – geile kommen überall“, das Verbotene wirklich live testen? Doch es warten ungeahnte Angebote jenseits von 1€-Jobs und phantastische Abenteuer gibt's gratis dazu. Ich habe mich dafür entschieden meine Lust und damit verbundene ökonomische Selbstständigkeit zu leben. Für mich ist es mehr als ein Job, es ist Berufung – und deshalb auch gut so. Ich rate jedem zu eigener Erfahrungserkenntnis, wer das Gestrüpp von Moral -und noch besser weil doppelt hält besser- von Doppelmoral verstehen will. Vom Studententarif abgesehen, „Praktikantenplätze“ kennt der Autor genügend (einfach mal anrufen und zum Infogespräch im Café verabreden -absolute Diskretion).

Zum Weiterlesen gibt es zahlreiche Literaturempfehlungen und Quellenangaben beim Autor über das Frankfurter Informations Center:Prostitution 0179 – 62 130 65.


©Marc vom Freudenberg