schwadronisten des schwachsinns

der demokratische jihad



wer es in der deutschen linken wagt, den in der «palästinasolidarität» zum ausdruck kommenden, sich als «antizionismus» nur notdürftig bemäntelnden antisemitismus zu kritisieren, macht sich natürlich wenig freundinnen: wenn es nicht gleich «für den mossad eine auf’s maul» gibt, folgen wenigstens wüste beschimpfungen.

nachdem in frankfurt die, holocaustleugnungen auf ihren veranstaltungen tolerierenden, notorischen antisemitinnen der trotzkistischen sekte linksruck und eine fraktion der «autonomen», welcher der anblick eines davidsterns nach eigenem bekunden nicht zuzumuten ist, erstere variante vorzogen, gibt sich nun die hochschulgruppe «demokratische linke» (dl) mit einem schwerpunktheft zum thema antisemitismus und nahost-konflikt auf dem publizistischen feld die ehre.

im grunde keine schlechte idee—das thema liegt ja auf der hand: seit etwa einem jahr fegt eine welle des antisemitismus durch das land; synagogen werden angegriffen, jüdische friedhöfe geschändet, auf «linken» palästina-soli-demos wird—gemeinsam mit hamas, hizbollah und neonazis—«juden raus!» gegrölt und der «deutsche gruß» entboten, walser schreibt einen antisemitischen bestseller und möllemann ruft die deutschen dazu auf, sich endlich vom (natürlich frei erfundenen) tabu einer kritik an israel zu befreien.

diese skandalösen deutschen zustände sind aber natürlich nicht thema des schwerpunktheftes der «demokratischen linken»—und selbstverständlich erst recht nicht die terroristischen selbstmordattacken in israel. thematisiert wird vielmehr «der versuch von teilen der radikalen linken, mit hilfe des antisemitismus-vorwurfes jede kritik an der israelischen politik zu verhindern» und «der vorwurf des strukturellen antisemitismus», der von diesen teilen der linken dazu eingesetzt werde, «diskussionstabus [!!!] zu errichten».

nachdem bereits mit der fragestellung das diskursive niveau auf jenes von walser und möllemann abgesenkt ist, kann die abrechnung beginnen: in einem vorspann zu einem artikel zum «israel-palästina-konflikt» lassen es sich die nachwuchspolitikerinnen der ehemaligen fdp-jugendorganisation «jungdemokraten» nicht nehmen, erst einmal in rüder manier auf die israelsolidarischen positionierungen von sinistra! und sur l’eau (fachschaftszeitung philosophie) wild einzudreschen: «pseudointellektuell» seien sie, heißt es da, und, obgleich es doch bedauerlicherweise «ein paar von der sorte an unserer uni» gebe, «zum glück weitgehend irrelevant», wohingegen die «demokratische linke» das volk an ihrer seite weiß und befriedigt feststellen kann, dass «zum glück [!] auch die mehrheit der [deutschen] bevölkerung, kritik an israels kriegspolitik» übe. haben wir da richtig gehört: «zum glück» übt die mehrheit der nachfahren derjenigen, die sechs millionen juden und jüdinnen umgebracht haben, kritik an dem staat, in den sich die überlebenden dieses monströsen verbrechen flüchten konnten? bezeichnend auch, dass bei so viel glückseligkeit geflissentlich übersehen wird, dass die hier gepriesene deutsche bevölkerung in ihrem bewundernswerten pazifismus zwar die kriegspolitik anderer nationen unerbittlich zu entlarven im stande ist aber interessanterweise noch niemals in ihrer geschichte auf die naheliegende idee kam, kritik an der eigenen, d.h. der deutschen kriegspolitik zu üben.

der kindische vorwurf «pseudointellektuell» ist dann—angesichts der wirren gedankengänge und hasstiraden gegen israel, die sich im folgenden text entfalten—ja schon fast wieder süß. eine interessante ironie am rande ist übrigens die uns attestierte «irrelevanz»: nicht dass wir etwa so vermessen wären, zu glauben, gesellschaftlich in irgend einer weise sonderlich relevant zu sein! aber wir fragen uns natürlich schon, warum ein halber wald für eine zeitung gefällt werden musste, die sich fast ausschliesslich an «irrelevanten positionen» abarbeitet. besorgt fragen wir uns nun auch, ob ein argument allein dadurch schlechter wird, dass es nur von wenigen—i.e. «irrelevanten»—menschen vertreten wird? erstaunlich aber nicht zuletzt, dass ausgerechnet die «demokratische linke» anfängt, von «irrelevanten gruppen» zu schwadronieren, ging sie doch durch eine höchst eigenwillige interpretation gruppeninterner demokratie der meisten ihrer mitstreiterinnen verlustig, die letztes jahr den verein verließen und mit «unlike» ihre eigene gruppe gründeten.

behauptet wird von der dl ein «inflationärer und unsachlicher gebrauch des antisemitismusvorwurfs», mit dem «eine zunehmende indifferenz auf seiten der beschuldigten und zuhörer» einhergehe. abgesehen davon, dass es sich bei der auseinandersetzung mit antisemitismus keineswegs um einen «vorwurf», sondern um eine kritik handelt, deren notwendigkeit sich fast täglich beweist, muss auf der anderen seite allerdings zugegeben werden, dass die «demokratische linke» ihrerseits vermutlich niemals in die verlegenheit kommen wird, den «antisemitismusvorwurf» inflationär zu gebrauchen: wer es—mangels interesse am thema—ohnehin nicht für nötig hält, den antisemitismus in der deutschen gesellschaft und ihrer linken zu kritisieren, antisemitismus mithin nur dann am werk sieht, wenn ein erklärter nazi expressis verbis den tod aller juden fordert, ist selbstverständlich davor gefeit, den «antisemitismusvorwurf» der inflation preiszugeben.

es ist schon seltsam: die kritikerinnen des antisemitismus werden in dieser verqueren weltsicht dafür verantwortlich gemacht, dass das interesse an einer auseinandersetzung mit dem thema nachlasse, die zuhörerin gewissermaßen abstumpfe. das hat walser ja auch schon in seiner famosen paulskirchenrede gesagt: «kein tag, an dem sie [die schande der judenvernichtung] uns nicht vorgehalten wird”. kein wunder also, wenn’s den deutschen irgendwann zuviel wird und die «indifferenz zunimmt».

konsequent werden die kritikerinnen des linken antisemitismus von der «demokratischen linken»—getreu der argumentativen blaupause ihres vorbildes möllemann—durchgängig als «sharonisten» diffamiert, die «bedingungslose solidarität mit der israelischen regierungspolitik» übten. der begriff «antideutsch», mit dem mittlerweile jede den traditionslinken antisemitismus kritisierende position belegt wird, reichte der «demokratischen linken» offenbar nicht aus, es musste unbedingt nachgelegt werden und was kann—dachte mensch sich wohl—eine schlimmere beleidigung sein, als mit einem jüdischen familiennamen geschmäht zu werden? zwar ist in keinem text der sinistra! überhaupt je von «sharon», geschweige denn von einer «bedingungslosen solidarität» mit ebenjenem die rede gewesen, doch sind wohl solche pathischen projektionen aus einer linken, die vom antisemitismus nichts wissen will und eine sich aus der deutschen geschichte als notwendige bedingung emanzipativer politik ableitende solidarität mit israel nur als «sharonismus» vorzustellen in der lage ist, offensichtlich nicht mehr wegzudenken.

selbstverständlich kann mensch «sharon»—oder besser: die politik für die er steht—kritisieren. er ist schließlich kein linker und das gesellschaftliche projekt des likud ist teilweise mit dem der cdu vergleichbar (obgleich natürlich angemerkt werden muss, dass ariel sharon immerhin den diesjährigen csd in jerusalem besucht hat—eine geste, zu der etwa ein edmund stoiber kaum fähig sein dürfte). es ist aber nun nicht etwa—um ein beliebiges beispiel herauszugreifen—der sozialabbau unter sharon, der ihn den deutschen und ihrer linken so unsympathisch macht: wofür er hierzulande kritisiert wird, eine politik der bewaffneten verteidigung israels gegen jene, die diesen staat vernichten und die juden ins meer treiben wollen, ist er ausdrücklich nicht zu kritisieren. es ist zudem auch nicht so, dass sharon mit dieser politik in israel allein stehen würde: er hat in diesem punkt eine breite unterstützung in der israelischen bevölkerung und im parlament (auch die avoda (arbeiterpartei) befand sich bis vor kurzem in der regierung sharon).

spätestens seitdem die palästinensische delegation in den friedensverhandlungen von camp david die weitreichenden (und in israel höchst umstrittenen) vorschläge des damaligen linken israelischen premiers ehud barak ablehnte, ist in der israelischen bevölkerung die hoffnung auf frieden der überzeugung gewichen, dass die palästinensische seite überhaupt nicht an einer verhandlungslösung interessiert ist. der barak-plan sah einen abbau der meisten jüdischen siedlungen und siedlungsaußenposten in judäa, samaria und gaza und die schaffung eines palästinensischen staates auf 94% der seit 1967 unter israelischer verwaltung stehenden gebiete vor. lediglich ost-jerusalem und einige der größeren grenznahen, hauptsächlich von osteuropäischen migrantinnen bewohnten siedlungen sollten von israel annektiert werden. der plan hätte es ermöglicht, mit nur 6% der fläche der westbank fast 2/3 aller siedlerinnen auf israelischem staatsgebiet zu belassen und einen bei vollständiger räumung aller siedlungen nicht auszuschließenden innerisraelischen bürgerkrieg zu vermeiden.

welche politische strategie nun die «bessere» ist, soll und kann hier gar nicht beantwortet werden. frappierend allerdings die selbstverständlichkeit mit der in deutschland der restlose abbau aller israelischen siedlungen als unabdingbare vorbedingung des friedens betrachtet wird; liegt einer solchen sicht doch die vorstellung zu grunde, der konflikt könne nur dann «gelöst» werden, wenn keine juden und jüdinnen mehr auf dem territorium des zu schaffenden palästinensischen staates leben, das gebiet mit anderen worten «judenfrei» wird.

hingewiesen werden sollte vielleicht noch auf den umstand, dass die große mehrheit der israelis nichts anderes will als endlich in ruhe gelassen zu werden und nach wie vor bereit wäre, die westbank und gaza lieber heute als morgen weitgehend zu räumen wenn (ja, wenn) es eine garantie gäbe, dass damit der terror gegen die israelische zivilbevölkerung endlich ein ende hätte, mensch keine angst mehr vor einem neuerlichen angriff der arabischen nachbarstaaten haben müsste und diese israel nicht länger das existenzrecht absprechen würden. danach sieht es jedoch leider nicht aus: gruppen wie hamas, islamic jihad, al-aksa märtyrerbrigaden oder hizbollah sind eben nicht an einem palästinensischen staat an der seite israels—auf wie viel prozent der fläche der sogenannten «besetzten gebiete» auch immer—interessiert. diese gruppen, die sich mittlerweile auf einen extrem starken rückhalt in der palästinensischen bevölkerung stützen können, treten in ihren verlautbarungen offen für die «tötung aller juden, gleich wo ihr sie trefft» ein; sie kämpfen für die errichtung eines palästinensischen gottesstaates auf dem boden «ganz palästinas», vom jordan bis zum mittelmeer, in dem israel nicht mehr vorkommt. auf der anderen seite ist der antisemitismus mehr denn je in vielen arabischen staaten quasi staatsdoktrin und hochgerüstete staaten wie etwa irak oder syrien rufen unverhohlen öffentlich zur vernichtung israels auf.

diese existenzielle bedrohung des staates israel nicht wahrzunehmen und die tatsache systematisch zu verwischen, dass israel diesen krieg niemals bestellt hatte, die «okkupation» der westbank vielmehr folge des zweiten dreier angriffskriege gegen israel war, ist zwar keine spezialität der deutschen linken, hier aber angesichts der besonderen deutschen geschichte besonders erschreckend.

der vom deutschen täterinnenkollektiv begangene mord an sechs millionen jüdinnen und juden ist historisch singulär: «die deutschen haben gemordet und verwüstet. minderheiten und ganze bevölkerungsgruppen ausgerottet. ganze landstriche dem erdboden gleich gemacht, jüdinnen und juden in zentral-, süd- und osteuropa aufgespürt, um sie auf der stelle umzubringen oder in den dafür eingerichteten todeslager zu vergasen, zu erschlagen, zu erschießen. sie haben fast keine mordart ausgelassen. sicher und beständig, tag und nacht. sie haben eine riesige tötungsmaschinerie errichtet, betrieben und instand gehalten, massenhafte täter für massenhafte tötung» (café morgenland). die erinnerung an dieses monströse verbrechen, die unweigerliche verknüpfung des begriffs deutschland mit den gaskammern und krematorien von auschwitz-birkenau, belzec, treblinka und sobibor erschwert noch immer die so sehnlich gewünschte restituierung deutschlands als «normale» nation.

israel schließlich, die staatlich materialisierte historische konsequenz der juden und jüdinnen aus dem holocaust, hält allein durch seine existenz die erinnerung an auschwitz und die deutschen verbrechen wach. es steht den deutschen normalisierungs- und schlussstrichdiskursen im weg und wird gerade deshalb von den deutschen—ob offen oder untergründig—so innig gehasst.

wenn auch anders gelagert als im mainstream des deutschen diskurses, gab und gibt es in der deutschen linken ebenfalls ein tiefes bedürfnis nach «normalisierung». ein bedürfnis, frei von historischer schuld, auf gleicher augenhöhe mit der linken anderer länder diskutieren und kämpfen zu können. wird nun festgestellt, dass die überlebenden des nationalsozialistischen vernichtungswahns und deren nachkommen von «opfern» zu vermeintlichen «tätern» transformiert sind, ist der erste schritt zur exkulpation der deutschen nation gemacht. wenn die jüdinnen und juden jetzt selbst täterinnen sind, ist mensch als deutscher doch irgendwie quitt.

zu vermuten ist deshalb, dass über eine angeblich legitime kritik an sharon (wahlweise auch bubis, reich-ranicki oder friedmann) juden als täterinnen—oder wenigstens höchst unangenehme zeitgenossinnen—dingfest gemacht werden sollen. hier kann endlich mal wieder ein jude—verschanzt hinter dem diktum, «israel/die juden doch wohl noch kritisieren zu dürfen»—reinen gewissens beschimpft werden.

es ist allerdings weniger die tatsache, dass hier ein jude gegenstand wildester polemik wird, die diese vermutung stützt, als die tatsache, dass er es als jude wird: es könnte schliesslich auch einfach sein, dass es sich hier rein zufällig um einen juden handelt und es könnte weiter (rein theoretisch, versteht sich) sein, dass auch jede nicht-jüdin und jeder nicht-jude für die gleiche politik in gleicher art kritisiert würde. das könnte sein, ist aber leider nicht so: es ist eben nur schwer zu glauben, dass es angesichts ungezählter blutiger «konflikte» auf der welt, von ruanda bis tschetschenien, von liberia bis kaschmir, ein zufall sein soll, dass sich die deutsche linke mit solcher inbrunst der thematisierung der «israelischen kriegspolitik» (zeitung der «demokratischen linken») widmet. seien wir einmal ehrlich: die allermeisten dieser konflikte sind der deutschen linken doch schlichtweg scheißegal. es wird nicht über sie berichtet, es wird nichts skandalisiert und die namen der kriegsherren bleiben zumeist unbekannt. anders im «nahost-konflikt»: hier weiß die deutsche linke genauestens bescheid, weiß immer gleich exakt, was eigentlich zu tun wäre, ist nie um einen guten ratschlag verlegen, sucht den dialog mit kräften wie der «palästinensischen friedensbewegung», die es als nennenswerte politische größe überhaupt nicht gibt, und verurteilt jede israelische anti-terror-maßnahme als «kriegspolitik» («demokratische linke») oder «zionistisch-imperialistische aggression» («linksruck»).

wenn von «israelischer kriegspolitik» die rede ist, sollte vielleicht auch noch eine andere frage erlaubt sein: wie sollte israel nach meinung dieser linken friedensmahnerinnen auf die fast täglichen morde reagieren? alle forderungen der palästinensischen fundamentalistinnen erfüllen? die israelische armee auflösen und mit einem gänseblümchen im knopfloch hoffen, dass der terror aufhört? kein staat der welt würde in einer ähnlichen, existenzbedrohenden lage anders als israel reagieren. es handelt sich eben bei den militärischen operationen der idf keineswegs um ein israelisches spezifikum, gar um einen «vernichtungskrieg», wie ihn manche linke gerne aus der deutschen geschichte auf israel projizieren, sondern um eine relativ normale reaktion eines staates auf terroristische angriffe gegen seine zivilbevölkerung. mensch stelle sich nur einmal für einen kurzen augenblick das folgende szenario vor:

montag: bei einem bombenanschlag in der frankfurter pizzeria cimino werden sechs menschen getötet und acht weitere schwer verletzt.

mittwoch: ein selbstmordattentäter sprengt sich auf der zeil in die luft: zwölf tote, achtzehn schwerverletzte.

donnerstag: anschlag auf die mensa der frankfurter universität: sieben tote und 85 z.t. schwerverletzte

samstag: drei tote bei beschuss des frankfurter stadtteils eschersheim mit mörsergranaten.

«frankfurt» kann dabei natürlich auch genauso gut durch «rom», «stockholm» oder «peking» ersetzt werden. sich vorzustellen, welche maßnahmen der deutsche, italienische, schwedische oder chinesische staat in einer derartigen situation wohl ergreifen würde, bleibt hier der leserin überlassen.

weitere perlen der höheren argumentationskunst der «demokratischen linken» sollen hier aber niemandem vorenthalten werden: bezugnehmend auf die forderung «solidarität mit israel» glaubt die «demokratische linke» erst einmal ihre privat-definition von solidarität voranschicken zu müssen: «solidarität ist konstitutiv ein praktisches verhältnis, das sich nicht in einer pro-einstellung erschöpft. vielmehr gehören zu solidarität z.b. hilfsmaßnahmen. so hat sich die solidaritätsbewegung mit nicaragua durch hilfe ausgezeichnet (aufbau von kinderkrankenhäusern etc.)», heißt es da. diesem naiven begriff von solidarität, der wohl eher die debilität einer durchschnittlichen kirchentagsbesucherin abbilden dürfte, denn als linker begriff taugt, muss entschieden widersprochen werden: erstens ist solidarität keineswegs nur ein «konstitutiv [?] praktisches verhältnis». solidarität kann sich ebenso gut in der kritik einer sich als «antizionismus» ausgebenden erscheinungsform des antisemitismus nach auschwitz ausdrücken. zweitens ist es völlig absurd die kritikwürdige und tragische geschichte linker solidaritätspolitik auf hilfe zum bau von krankenhäusern und dergleichen romantisch zu verklären—ist etwa die kampagne «waffen für el salvador» schon vergessen? drittens ist die rede von kinderkrankenhäusern an muffiger moralität kaum mehr zu übertreffen—krankenhäuser allein reicht wohl nicht, nein, es müssen schon «kinderkrankenhäuser» sein, um das eigene gutmenschentum möglichst plastisch darstellen zu können.

die in letzter zeit auch in «linken» publikationen, internetseiten oder auf demotransparenten—zu nennen wären etwa unzählige postings auf den seiten des webprojektes indymedia— immer häufiger auftauchenden antisemitischen karikaturen werden von der «demokratischen linken» in einer mehr als eigentümlich zu nennenden weise wahrgenommen:

selbst der umstand, dass hier auch schon einmal karikaturen des nationalsozialistischen hetzblattes «stürmer» 1:1 recycelt werden (etwa hakennasige menschen, die die die welt in ihren klauen halten), vermag den glauben daran, dass es sich dabei bloß um eine einbildung der «sharonisten» handelt nicht zu erschüttern.

mehr noch, es wird behauptet, dass letztlich diejenigen, die in diesen infamen schmierereien eine ausdrucksform des antisemitismus erkennen, «die eigentlichen antisemiten» seien, denn, so die brillante conclusio der «dl», nur ein antisemit sei in der lage eine antisemitische karikatur als solche zu dechiffrieren: «woran erkennt denn ein deutscher sharonist einen juden auf’m transpi?—an der hakennase!—und woran erkennt der antisemit einen juden? ...!»

für die «demokratische linke» sind also perfiderweise nicht diejenigen, die karikaturen in stürmer-manier verbreiten, antisemitinnen, sondern diejenigen, die auf derartige ungeheuerlichkeiten hinweisen.

dumm nur, dass die inkonsistenz der eigenen argumentation dann noch in einer weise vorgeführt wird, dass sie selbst bei oberflächlichster lektüre ins auge schlagen muss:

auf der homepage der sinistra! (www.copyriot.com/sinistra) ist der skandal eines vorgeblich linken aufmarsches gegen israel, der mit hitlergrüßen, holocaustrelativierungen und dem mitführen von kindern, denen sprengstoffgürtel-attrappen umgeschnallt wurden, auf sich aufmerksam machte, photographisch dokumentiert. diese widerwärtige manifestation findet jedoch bei der «demokratischen linken» mit keinem wort erwähnung; vielmehr wird—die verhältnisse auf den kopf stellend—behauptet, die «bilderauswahl» bediene «rassistische stereotype». wie das? möglich eigentlich nur, dass die «demokratische linke» davon ausgeht, dass ein teil der abgebildeten personen migrantischer herkunft ist. zu fragen wäre dann allerdings (und diesmal zu recht): «wie erkennt die ‚demokratische linke’ einen migranten/in?—an der nase?—und woran erkennt der/die rassistin einen migrantin? ...!»

nicht minder dumm und scheinbar gänzlich ungetrübt von jedem historischen wissen um die staatsgründung israels als jüdischen staat ist dann folgende halluzinierte «theoretische voraussetzung der deutschen sharonisten»: «die deutschen sharonisten nehmen auf mythische weise bezug auf israel. warum? sie geben als nationale idee israels immer wieder an, dass israel die heimstätte der juden ist oder der judenstaat. dieser nationalen idee ordnen sie alles unter. das verbindet die deutschen sharonisten mit dem likud-block und dem rechten rand der knesset: für nicht-jüdische araber, israelische palästinenser, eine atheistin oder einen laizistischen staat ist in ihrer propaganda kein platz.»

zunächst einmal ist israel ein säkularer staat, in dem über 20% der staatsbürgerinnen nicht-juden und nicht-jüdinnen sind, als solche die gleichen rechte genießen, wie jeder andere staatsbürgerin auch. überdies ist es hier—im unterschied zu ausnahmslos allen arabischen staaten—möglich, als atheistin, schwuler, lesbe, «ehebrecherin» oder kommunistin weitgehend unbehelligt zu leben.

das projektive schwadronieren von einem angeblichen «mythischen bezug» auf israel drückt letztlich nur aus, dass die israelkritikerinnen der «demokratischen linken» nichts, aber auch gar nichts, verstanden haben: israel ist nicht irgendein x-beliebiger nationalstaat. die legitimation der israelischen staatsgründung ist eine rein negative.

israel ist die antwort der jüdinnen und juden auf die ihnen in europa verweigerte emanzipation, die antwort auf ungezählte demütigungen, auf pogrome, verfolgung und schließlich den ultimativen zivilisationsbruch der deutschen: die shoah, der sechs millionen jüdische menschen zum opfer fielen. diese bittere historische erfahrung zeigte, dass in einer nationalstaatlich organisierten welt, zumal in einer, in der der antisemitismus eliminatorisch geworden ist, ein eigener staat, der notfalls eine bewaffnete verteidigung ermöglicht, eine notwendigkeit für das überleben der jüdinnen und juden darstellt.

solange also die «befreite gesellschaft» nicht verwirklicht ist und solange der antisemitismus nicht ein für alle mal von der welt verschwunden ist, solange muss es auch israel geben.

deshalb gilt:

am längsten lebe israel!

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