"... zur Kompliz/in der Krise werden"
Mit Subjektivem Faktor gegen den Zombie-Liberalismus

Die Krise hat bereits etwas verändert. Die politische Agenda des Marktradikalismus, die sich lange Zeit objektivistisch als zwingendes Resultat volkswirtschaftlicher Rationalität schlechthin ausgeben konnte, hat im Inferno der Bankenkollapse ihre zentrale paradigmatische Stellung eingebüßt. Es ist die Rede vom "untoten" (Neo-)Liberalismus (Michael Hardt im Spiegel-Interview), einem Zombie, der den eingeschlagenen Kurs weitertaumelt, ohne zu Reflexion oder Neuorientierung in der Lage zu sein.

Zur gelungenen Selbstbeschreibung für diese bizarre Verwandlung wurde im letzten Jahr das "Fahren auf Sichtweite" (Merkel, Schäuble, VW-Manager Mehnert und andere). "Wir hängen in der Schwebe", so beschreibt das Redaktionskollektiv der englischen Zeitschrift turbulence den aktuellen Zustand des Machtvakuums in der Passage des Postfordismus (im ak 256). Die alten ideologischen Gewissheiten sind zwar blamiert und offensichtlich untauglich zur Handlungsanleitung. Es ist aber auch keine Alternative zur Hand, die das hegemoniale Vakuum mit einem gesellschaftspolitischen Projekt anreichern könnte.

Repubblica Italiana
Ein Moment der Selbstermächigung im Gefühl der Ohnmacht. Demo nach dem Attentat auf Rudi Dudscke am 21. April 1968

Diese Situation ist der Einsatzpunkt für den Frankfurter Philosophen Thomas Seibert, der mit dem Buch "Krise und Ereignis" gerade ein Plädoyer gegen die zynische Vernunft von rechts und gegen die Machtvergessenheit von links abgeliefert hat. Für ihn ist die ökonomische Krise nur der neueste und sichtbarste Ausdruck einer tieferliegenden Krise des biopolitischen Empire. In den 1970er und 80er Jahren waren politische Symbolfiguren wie Margaret Thatcher, Ronald Reagan oder Helmut Schmidt angetreten, um der 68er-Kulturrevolution und dem Sozialstaat als historischem Kompromiss mit der westlichen Arbeiterbewegung den Kampf anzusagen. Der Weg von "Welfare to Workfare" hat eine nihilistische Dynamik mit apokalyptischen Zügen in Gang gesetzt.

Von links kann der so verstandenen Krise nur mit einer Rekonstruktion des subjektiven Faktors, gedacht als wirklicher Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt, begegnet werden. Dabei geht es um nicht weniger als die Entstehungs- und Rahmenbedingungen einer solchen kommunistischen Bewegung, die in der Lage ist, den Liberalismus als paradigmatischen Fixpunkt tatsächlich herauszufordern. Für eine neue Formierung rebellischer Subjektivität setzt er bei der Rekuperation der 68er-Revolte an, um gegen sie die Schlussfolgerungen der "Treue zum Ereignis" zu ziehen. Denn das fehlende Vertrauen der radikalen Linken auf die Möglichkeit, etwas ändern zu können, umgekehrt die unerschütterliche Überzeugtheit von der eigenen Marginalität, haben dort ihren Ursprung.

Thomas Seibert wird einige seiner "Siebenundzwanzig Thesen zum Kommunismus" vortragen und zur Diskussion stellen.

Dienstag, 4. Mai, 20 Uhr
atelierfrankfurt, Hohenstaufenstraße 13-25, 60327 Frankfurt am Main

> link >> Michael Hardt (Interview): "Wir müssen verstehen, wer der Feind ist" (Spiegel)
> link >> Redaktion turbulence: Life in Limbo? Nach der Krise hängt die Welt in der Schwebe ... (anaylse & kritik)

Nit-Flyer: Gegen den Zombie-Liberalismus

Zombie-Artwork by aleksi briclot