La misère de l'éducation universitaire ou du monde en générale?


Die AG "Französische Verhältnisse II" hat sich in den ersten Tagen des Frankfurter Uni-Streiks zusammengefunden. Anlaß war es, eine Kritik an der Hochschule, ihrer inneren Verfaßtheit und ihrer gesellschaftlichen Funktionen zu formulieren. Ein konstituierendes Moment der AG war und ist, sich in den vorherrschenden Inhalten und Formen des Streiks nicht wiederfinden zu können, bzw. zu wollen. Daß dies in all der Tristesse studentischer Standespolitik zumindest nicht nur das Anliegen Einzelner war, zeigte das Interesse ständig neu hinzukommender Studierender.
Nachstehender Text ist auf Grundlage eines Flugblatts ("Mehr Drops, mehr Mehr, mehr Träume!") entstanden und stellt eine Zusammenfassung kontroverser Diskussionen der AG dar. Fragen zu dem Bildungssystem und den neoliberal geprägten Debatten um Bildung(spolitik) werden entlang der Parole "Mehr Profs, mehr Bücher, mehr Räume!" diskutiert, die sich in diesem Streik als so merkwürdig mobilisierungsfähig erwiesen hat. (Red.)

    "Mehr Profs, mehr Geld, mehr Räume" - so artikulierte sich in den ersten Streiktagen das unmittelbare Unbehagen an den Hochschulen. Diesem kleinsten gemeinsamen Nenner konnten sich scheinbar alle Angehörigen der Universität anschließen. Gegen mehr Stühle - erst recht bequemere - ist in der Tat nichts einzuwenden. Sehr unklar wirkte dabei jedoch, wogegen frau sich richten, mit wem man sich zusammentun und wofür man/frau eigentlich streiken will?! Die Worte Konsens und Dialog sind zu Anfang des Protests sehr häufig und schnell gefallen - so als wäre schon alles ausdiskutiert, so als gäbe es übereinstimmende Interessen zwischen allen Studierenden, den Profs, dem Präsidium und den Ministerien. Wer gegen das allgemein anerkannte Konsensprinzip opponierte oder nur den Versuch unternahm, sich einen Überblick über die unterschiedlichen Interessenlagen und Strategien zu verschaffen, bekam prompt den Vorwurf der "Spaltung" entgegengeschleudert und wurde als zu politisch abgekanzelt.
   An der Freude über die allgemeine Zustimmung scheint sich aktuell etwas zu ändern: Irgendwie macht es doch stutzig, daß sämtliche bildungspolitischen Instanzen, FAZ, Bild und selbst der Börsenchef unentwegt ihre Solidarität bekunden. Was ist das für ein Streik, der scheinbar keine Gegner hat? Und wohin mit all den erarbeiteten Forderungen?¹
   Zumindest signalisiert die allumfassende Allianz zur Beteuerung der Bildungs"misere", daß das Modell der Hochschulen der 70'er und 80'er Jahre an sein Ende gekommen ist. Niemand will sie mehr, die gewohnte Massenuniversität: seitens der Politiker gilt sie als den "neuen Herausforderungen" nicht gewachsen und als zu teuer; ProfessorInnen sehen sich durch den wachsenden Arbeitsaufwand in der Lehre in dem eigentlich reputationsträchtigen Bereich, der Forschung, eingeschränkt; ausbildungsambitionierten Studierenden garantiert sie weder eine gute Ausbildung noch zukünftige Posten; andere verzweifeln an der Irrelevanz der Lehrinhalte und an disziplinären Fachborniertheiten und kritisieren die autoritären Reglementierungen des institutionellen Betriebs.
   Angesichts dieses diffusen Hypes von Bildungspolitik erschien es uns notwendig, die verschiedenen Interessen der beteiligten Akteure von Modernisierung, bzw. Veränderung auseinanderzudividieren.

"...mehr Profs..." oder die Forderung nach Autorität.

   Sicher, auch für Profs ist es anstrengend und der wissenschaftlichen Weihe irgendwie unangemessen, Seminare in überfüllten Räumen abzuhalten. Insofern verwundert es auch nicht, wenn sie sich solidarisch erklären. Einen eigenen Protest zu organisieren, fällt ihnen aber offensichtlich nicht ein; die Probleme lassen sich ja auch anders angehen: in Losverfahren, rigidem Durchrasselnlassen und anderen Ausschlußmechanismen haben ProfessorInnen ihre ganz privaten Lösungen gefunden. Im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften etwa kursiert seit geraumer Zeit ein internes Papier, in dem ProfessorInnen und wissenschaftliche MitarbeiterInnen Techniken zur Reduzierung der Seminargröße erarbeitet haben; wie etwa "überschüssige" Studierende freundlich, aber wirkungsvoll hinauszukomplimentieren sind.
   Aber auch unabhängig davon, wie weitgehend Profs Verschlankungsdiktate - mehr oder weniger protestlos - nach unten weitergeben, gibt es grundsätztliche Statusunterschiede: noch bestimmen die Profs qua staatlich verliehener akademischer Würde die Lehrinhalte, verteilen Scheine und wählen ihren Nachwuchs aus; Studierende haben, wenn überhaupt marginalen Einfluß auf Semesterpläne, Scheinanforderungen oder TutorInnenstellenvergabe.
    Durch die Forderung, studentische Aktionen mit ProfessorInnen gemeinsam durchzuführen, werden die bestehenden Machtbeziehungen zwischen Studierenden und Lehrpersonal verdeckt und die autoritäre Struktur des Seminarbetriebs reproduziert. Insofern ist der im Streik immer wieder geäußerte Wunsch nach einem Schulterschluß mit den Profs mehr als fragwürdig. Mit der Forderung nach Aufstockung der finanziellen Mittel werden obrigkeitliche Strukturen innerhalb der universitären Ausbildung nicht mal angekratzt. Die universitären Mechanismen, erfolgreiche von weniger erfolgreichen Studenten zu scheiden, durch Zwischen- und Abschlußprüfungen, benotete Scheine etc., können durch bessere Ausstattung ebensowenig beseitigt werden.

"...mehr Geld...." oder "Freiheit ist anstrengend"

   Mit der bloßen Forderung nach besserer materieller Ausstattung der Hochschulen wurde bislang nicht thematisiert, wie die jetzige Situation entstanden ist. Die Bildungsreform der frühen siebziger Jahre wurde 1977 durch den sogenannten Doppelbeschluß der Kultusministerkonferenz gestoppt. Der Beschluß lautete, die teilweise Öffnung der Unis aufrechtzuerhalten, sie aber nicht entsprechend der höheren Studierendenzahlen auszustatten. So braucht sich eigentlich niemand zu wundern, daß diese Entscheidung, die die Hochschulen seit zwanzig Jahre schleichend "austrocknen" läßt, zwangsläufig zu "unhaltbaren Zuständen" geführt hat. Dies war vorauszusehen - und gewollt. Es ist zudem gelungen, diesen selbstgeschaffenen Notstand politisch als Folge zu hoher Studierendenzahlen auszugeben.
   Auf diese "Misere" wird innerhalb der Hochschulen technokratisch reagiert. Mögliche, teilweise bereits praktizierte Methoden heißen Studiengebühren, Numerus Clausus, Zwangsexmatrikulation, etc. Manche ProfessorInnen suchen über Losverfahren ihre Lösung der Probleme, ganze Studiengänge schotten sich durch eine strenge Zugangslimitierung ab (und werden entsprechend gefördert), der Fachbereich Jura macht sich nicht einmal mehr die Mühe, das Studium an der Universität zu gewährleisten, und verweist auf teure private Repetitorien. Für "Bildungsausländer" ist die Zahl der Studienplätze und die gewährte Studiendauer beschränkt. Ob durch die Abiturnote, die Staatsangehörigkeit, Glück oder finanzkräftige Verwandte - individuelle Lösungen gibt es viele.
   Aber wie gesagt: Die Rede von der Misere der Bildung wird derzeit nicht nur an den Hochschulen selbst geführt; das ganze Land ist sich über dringenden Handlungsbedarf einig. So muß man/ frau, wenn über die Defizite der derzeitigen Universitäten gesprochen wird, aufpassen, sich nicht plötzlich neben dem Bundes- Herzog wiederzufinden: Im angeblich "rohstoffarmen" Deutschland sei Bildung eine wichtige Ressource in der "Standortkonkurrenz". Ins gleiche Horn bläst der DGB Frankfurt in seinen Solidaritätsgrüßen, in denen er studentische Bildung in ihrer Bedeutung als Standortfaktor verteidigen möchte, das internationale Ansehen des Hochschulstandorts Deutschland sei gefährdet.

"Wir studieren für den Standort Deutschland."

   Der Logik der Standortkonkurrenz folgend will auch die herrschende Politik nicht die Abschaffung der Universitäten, sondern effizientere, verschlankte, nach Marktkriterien funktionierende Hochschulen. Unter Effizienz wird dabei verstanden, möglichst flugs nur noch so viele Leute in Hochschulen zu qualifizieren, wie es für den Standort Deutschland brauchbar erscheint - eine kleine Wissenschaftselite auf der einen Seite, streng berufsqualifizierend Ausgebildete auf der anderen. Funktionalität zählt. Intern soll Effizienz durch Rankinglisten, Evaluierungsverfahren und permanente Quantifizierungen und Kontrollen von vorgeblichen "Studienleistungen" umgesetzt werden.
   Solche Tendenzen lassen sich als Bestrebungen bestimmen, die Gesellschaft nach neoliberalen Gesichtspunkten zu reorganisieren, noch jeden gesellschaftlichen Bereich marktwirtschaftlichen Kriterien direkt zu unterwerfen. In der universitären Forschung etwa wird die staatliche Alimentierung an Drittmittel gebunden. Gibt Dir "VW", so gibt Dir auch der Staat; ebenso der Unsinn, Finanzmittel an die Anzahl der Publikationen zu knüpfen. Das Dogma des neoliberalen Projekts, der Markt sei unser Segen, wird dabei auch auf den Bildungsbereich übertragen.
   Das Fatale an der Debatte um den Standort ist, daß die Konkurrenz aller gegen alle als unausweichliche Gegebenheit erscheint. Wie ein natürlicher Kriesgzustand, "jeder ist des anderen Wolf", wie auch jeder Staat des anderen Feind ist. Globalisierung als naturgegebener Kriegszustand.
   Anstatt sich von solchen Diskussionen zu distanzieren, wurde im Verlauf des Streiks häufig auch von studentischer Seite auf sie zurückgegriffen; der Slogan "Bildungsnot ist Deutschlands Tod" ist Ausdruck hiervon. Uns fällt nicht ein, weshalb Deutschland leben sollte.
   Der von studentischer Seite scheinbar so trickreiche Versuch, - wenn's denn einer ist - sich auf die Prämissen und damit auch auf die Konsequenzen der herrschenden Politik einzulassen, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als etwas, daß so doch eigentlich nicht beabsichtigt sein kann.
   Diejenigen, die ihre Sorge um Deutschlands Zukunft unverdrossen auf ihre Plakate schreiben, glauben genügend Argumente an der Hand zu haben, die eigene Nützlichkeit für's "große Ganze" nachweisen zu können; vermeintlich geschickt, die eigenen Anliegen in ihrer "Wichtigkeit" für's nationale Wohl zu thematisieren.² Wer kann sich schon eine Gesellschaft ohne professionalisierte Anwältinnen, Ingenieure und MedizinerInnen vorstellen?! Wer denkt in Zukunft "Elite"positionen einnehmen zu können, kann die Karte der Funktionalität zur eigenen Privilegiensicherung leicht ausspielen; denn die Verlierer sind natürlich immer die anderen.
   Aber selbst innerhalb der Hochschule kann unter der herrschenden Verknappungslogik die Rechnung irgendwie nicht aufgehen, wenn - wie derzeit - 40% eines Jahrgangs dasselbe denken. Standortkonkurrenz und naturgesetzhafte Sparzwänge auf der einen Seite, Massenhochschulen auf der anderen Seite lassen sich eben nur schwierig vereinbaren. Ebensowenig ist in dieser Marktlogik Platz für Selbstbestimmung oder gar kritische Reflexion darüber, was mensch an der Hochschule für wen und warum überhaupt macht; vom Blick über den eigenen Tellerrand hinaus mal ganz zu schweigen!
   Sich auf den Diskurs der Standortkonkurrenz einzulassen, heißt gesellschaftliche Verhältnisse in Kauf zu nehmen, die Leute notwendig und unablässig nach Gewinnern und Verlierern sortiert. In der Propaganda vom Wettbewerb ist die ideologische Formel vom "Wohlstand für alle" längst aufgegeben; sollen eben eine Vielzahl von Leuten den Gürtel enger schnallen, während andere gleich ganz aus dem Reproduktionsprozeß verabschiedet sind. Tja, schade, eben leider nicht nützlich oder modernisierungsfähig/-willig gewesen.

Die Herrschaft des Sachzwangs

   Wie überall werden auch bezüglich der Hochschulen solche Bestrebungen mit der ausdenOhrenherauskommenden "Ebbe der öffentlichen Kassen" und den daraus resultierenden "Sachzwängen" legitimiert. Mit diesen werden sicherlich auch studentische Forderungen nach besserer Austattung konfrontiert. Sachzwänge, so scheint es, lassen sich schlechterdings nicht bekämpfen. Da zur neoliberalen Strategie jedoch gehört, die Staatsquote kontinuierlich zu senken, ist der vermeintliche Sachzwang das Resultat eben dieser Politik. Herrschende Politik unterliegt nicht natürlichen Sachzwängen, sondern setzt Prioritäten (siehe Doppelbeschluß der KMK), deren Konsequenzen wiederum als periodisch hereinbrechende Unausweichlichkeiten verkauft werden. Man darf sich halt nicht wundern, daß man naß wird, wenn man ins Wasser springt. Insofern könnt Ihr uns mit Eurem Sachzwang.
   Vor diesem Hintergrund erweist sich auch die von studentischer Seite geäußerte Forderung nach Geld für Bildung statt des Eurofighters als verkürzt. Das Argument bleibt brav in der Logik, daß das Geld knapp ist - von daher um die "vernünftigeren" Ausgaben zu streiten sei.

Bildung für alle? Welche Bildung? Für alle?

   Die Vollversammlung der Frankfurter Universität beschloß, den Streik unter das Motto "Bildung für alle" zu stellen und knüpft damit an eine Losung aus den 70'er und 80'er Jahren an, die jedoch als Forderung abstrakt bleibt und dies immer auch war: Es wäre romantisierend, die partielle Öffnung der Bildungsinstitutionen in den 70'ern als Infragestellung der Hochschulen als "exklusive Orte" anzusehen. Niemals wurde allen ein Studium ernmöglicht, immer privilegierte ein Abschlußtitel. Die "Bildungsoffensive" der 70'er war immer auch an die Vorstellung gebunden, daß Verwertung umso besser gelingen möge, je höher der gesamtgesellschaftliche (Aus-)Bildungsgrad ist. "Bildung für alle" stand und steht nationalistischen Ambitionen also nicht notwenig entgegen.
   Im Unterschied zum heutigen Standortgewäsch wurde damals noch davon ausgegangen, daß prinzipiell alle StaatsbürgerInnen nützlich sein könnten, Forderungen nach Chancengleichheit und einem "Recht auf Bildung" konnten also legitimerweise erhoben werden. Hiervon hat sich die vorherrschende Überzeugung längst verabschiedet. Nicht mehr jede/r wird fürs nationale Projekt gebraucht, so heißt es. Heute muß jede/r seine/ihre Leistungsfähig- und willigkeit nachweisen, während gleichzeitig locker von struktureller Arbeitslosigkeit gesprochen wird. Insofern ließe sich derjenige Teil des gegenwärtigen studentischen Protests, der "Bildung für alle" fordert, auch als ein Kampf sehen, der in neoliberalen Zeiten an angeblich überholten Vorstellungen, wie etwa Gleichheit und Gerechtigkeit, festhält; auf daß er erfolgreich sein möge!
   Dabei ist jedoch zu beachten, daß die Forderung nach Bildung aller an einer abstrakten Gleichheitsvorstellung festhält, die durch die bestehenden ökonomischen, kulturellen und sozialen Ungleichheiten nicht gewährleistet ist. "Bildung für alle" kann auch darauf abzielen, die Konkurrenz der "freien Individuen" möglichst unabhängig von der sozialen Herkunft erst nach der Ausbildung stattfinden zu lassen; zwar Wettbewerb und soziale Ungleichheit, aber bitte gerecht.
   Vollkommen aus dem Blick geraten die Unterschiede, die gerade durch die Bildungsinstituitionen hergestellt werden: Daß der Status innerhalb der Gesellschaft vor allem an Berufs- bzw. Bildungstitel gebunden ist, ergibt sich notwendig aus einem hierarchisch gegliederten Bildungssystem. Soziale Ungleichheit wird geschaffen.
   Es ist wieder salonfähig geworden, dies durch "an sich" vorhandene unterschiedliche Begabung zu legitimieren. Daß es einen sozialen Zusammenhang gibt zwischen der sozialen Herkunft und dem Schulabschluß, wird schlichtweg verleugnet. Es ist blanker Zynismus, wenn Roman Herzog ein hierarchisches Bildungssystem als "Dienst" an "verschiedenen Menschennaturellen" verkauft.
   Auch wenn die Studenten heute nicht mehr mit Sicherheit die Elite von morgen sind, weil frau auch mit Hochschulabschluß trotzdem oft Taxi fährt, verbleibt die Forderung nach Bildung aller ständisch, wenn sie nicht die staatlich institutionalisierte Einrichtung des Ausbildungsbetriebes mitreflektiert. Studentischer Protest, der ausschließlich die akademische Bildung im Sinn hat, läuft Gefahr, nur den alten und folgenreichen "Unterschied" zwischen Hochschulen und niedriger rangierenden Bildungseinrichtungen wie Berufsschulen wiederherstellen zu wollen. (Aus-)Bildung hat in dieser Gesellschaft immer den Aspekt, als Konkurrenzvorteil vorrangig im Wettbewerb auf dem Arbeitmarkt zu wirken und somit soziale Ungleichheit mitzustrukturieren. Der Zugang zur Hochschule ist nur deshalb so bedeutsam und attraktiv, weil er nach wie vor die Bedingung (wenn auch nicht mehr hinreichende) für den Eintritt in privilegiertere Berufe darstellt; dies immer vor dem Hintergrund einer ganzen Reihe "mieserer" Jobs (schlecht bezahlt, langweilig, monoton...).
   So hilft es vielleicht auch nicht viel weiter, mehr Bildung oder Bildung für alle zu fordern, wenn damit nicht nur die verbesserte Ausgangsbedingung eines Standes innerhalb einer auf Konkurrenz beruhenden Gesellschaft gemeint sein soll. Wem die Wiederherstellung des vorherigen Status quo von Bildung zu wenig ist, kommt um eine strukturelle Kritik an "Bildung" nicht herum.
   Die Forderung nach "besseren Studienbedingungen" ist kein gemeinsamer Nenner, sondern bleibt in ihrer Unbestimmtheit für alle Optionen offen und ermöglicht es denjenigen, die frau nun wirklich nicht an ihrer Seite haben möchte, sich positiv auf den Protest zu beziehen. Vielleicht wäre es mal an der Zeit, sich nicht permanent gegen unerwünschte Umarmungen zu verwehren, sondern die Inhalte und Formen des Streiks daraufhin zu befragen, wieso sie so verdammt leicht zu vereinnahmen sind. Um sich mit Forderungen gegen herrschende Politik zu wehren, müssen diese inhaltlich gefüllt werden. Bleiben eine Vielzahl der studentischen Anliegen weiterhin so mager bis borniert, könnte sich der Protest letztendlich als neoliberaler Modernisierungsfaktor auswirken.
   Bildung für alle heißt für uns mehr als die Abwehr derzeitiger Kürzungen und den defensiven Erhalt bisheriger universitärer Strukturen. Es heißt für uns Kritik an der hierarchisierenden und selektierenden Funktion von Bildungsinstitutionen in dieser Gesellschaft. Es heißt die Abschaffung aller formalen Zugangsbeschränkungen, darüberhinaus aber auch die Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen, die den Zugang, die Legitimität und die Zeit zu "Wissenserwerb" beschränken und ungleich verteilen.
   Und somit stoßen wir in Galaxien vor, die noch kein Mensch zuvor gesehen hat!
   Tout va bien!

AG Französische Verhältnisse II


¹ Dies steht etwa im Gegensatz zu dem 93/94'er Streik, der sich am sogenannten "Eckwertepapier" der Hochschulstrukturreformkommission entzündete. Damals wurde unter dem Motto "Keine Deform mit uns. Keine Reform ohne uns." ein studentischer Abwehrkampf geführt, der sich zentral an der Konfliktlinie Studierende vs. Bildungsministerien orientierte. <zurück zum Text>
² Dabei verblüfft allerdings, daß sich die Studierenden selbst nur marginal als WissenschaftlerInnen zu verkaufen versuchen. Von Forschung wird bislang sehr wenig geredet. Hierin artikuliert sich ein in der Normalität des Hochschulbetriebs durchgesetztes Verständnis von Hochschulen als Lehr-, und eben nicht Forschungsanstalten. <zurück zum Text>



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