diskus 2/00

Reproduziert werden

Als hätten die Lebensweisen und Mietpreisstandards der neuen DienstleisterInnen nicht ohnehin schon viele Gegenden Frankfurts zu no-live-areas für alle anderen gemacht - für solche, die bevorzugt Schlips oder Kostüm tragen, wird auch weiterhin Wohnraum geschaffen. Nach den ehemals wüsten Sanierungen in den 70ern (etwa des Westends), den schleichenden Gentrifizierungsprozessen in den 80ern und 90ern (Nordend), wird nun wieder geklotzt. Heißt: Ausgediente Areale werden großflächig urbanisiert. Die Wucht der neuen Bebauungspläne für das »gehobene Wohnniveau« konkurriert nur noch mit der Bescheuertheit der Projektbezeichnungen. Um nur einige zu nennen: Auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände entsteht das »Europaviertel«, das einstige Schlachthofgelände wird zum »Deutschherrenviertel« samt »Main Plaza« und für »Frankfurt am Main« fallen die alten Lagerhallen am Westhafen.

In solchen renditeträchtigen Prestigeobjekten sollen sich die Gutverdiener niederlassen, um nicht den fernen Taunus mit ihren Steuern zu füttern oder ihre Arbeitskraft gar bei den internationalen Metropolenkonkurrenten zu verausgaben.

Nun erschöpfen sich die Lockungsstrategien für Bänkerinnen, Werber und EDV-Spezialistinnen schon längst nicht mehr darin, exklusiven Wohnraum zur Verfügung zu stellen; und selbst 1 A-Lagen samt feinem Blick reichen offenkundig nicht mehr aus. Nein, der neuste Trend ist das ServiceWohnen. In Objekten wie dem Main Plaza - dem ersten Frankfurter Wohnhochhaus - mietet die gehobene DiestleisterInnenklasse nicht nur den Ort der Reproduktion, sondern auch die Arbeit der Reproduktion. Und da es nicht unbedingt ihrem Stil entspricht, einen persönlichen Dienstboten anzustellen (Hausdiener können ja auch lästig sein), bietet das Hausmanagement entsprechende Dienstleistungen inklusive an. Wer hier wohnt, der braucht bloß bei der 24-Stunden-Concierge zu klingeln und schon springt der hausinterne Service und schüttelt die Kopfkissen aus, kauft ein, stärkt Hemdkragen, gießt die Blumen, bringt Frühstück ans Bett etc. Und das Ganze hübsch garniert mit dem, was die Anbieter als »höchsten Sicherheitsstandard« definieren. ServiceWohnen eben.

c.an